NewIn: Li Deng
Viren als Verbündete der Menschheit
Es ist ein seit Milliarden Jahren andauernder Kampf, mit dem sich Prof. Li Deng befasst. „Ich erforsche Viren, und zwar genauer Phagen, die natürlichen Feinde von Bakterien“, sagt die Wissenschaftlerin. Ihre konkreten Forschungsobjekte sind die Lunge und das Grundwasser. Beide haben nur auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun, denn beide sind Lebensräume für unzählige Mikroorganismen – also Bakterien und Viren. Und rund 90 Prozent aller geschätzt 10^31 Viren auf der Welt sind Phagen. Das ist die wissenschaftliche Bezeichnung für Viren, die nicht Menschen oder Tiere oder Pflanzen infizieren, sondern Bakterien töten.
Viren, die ausschließlich Bakterien infizieren
Diese Eigenschaft macht sie zu begehrten Verbündeten von Mediziner:innen und Pflanzenforscher:innen. „Phagen sind sehr zielgerichtet auf ein bestimmtes Bakterium spezialisiert“, erläutert Deng. „Antibiotika hingegen wirken sehr breit gegen eine Vielzahl von Bakterien – leider auch gegen nützliche.“ Dazu kommt die ständig zunehmende Resistenz von Bakterien gegen Antibiotika. „Das ist eine riesige Gefahr für Patienten. Ohne wirksame Antibiotika sind wir Infektionen nahezu schutzlos ausgeliefert.“
In Zukunft sollen Phagen diese Aufgabe übernehmen und als medikamentöse Wirkstoffe pathogene Bakterien bekämpfen. Erste wirksame Phagen-Cocktails hat Deng bereits mitentwickelt, darunter auch einen gegen den berüchtigten Krankenhauskeim Staphylococcus aureus, der sich eben mit Antibiotika kaum mehr bekämpfen lässt. Und auch das gefährliche Bakterium Acinetobacter baumannii hat sie im Visier. Es kann schwere und oft tödliche Blutvergiftungen und Lungenentzündungen auslösen. Auch in der Landwirtschaft sind die Hoffnungen auf Phagen groß. Dort werden derzeit rund 80 Prozent aller eingesetzten Antibiotika verwendet, was immer wieder für Kritik sorgt. Sie sollen Tiere und Pflanzen gesund halten, indem sie bakterielle Krankheitserreger abtöten – doch auch hier funktioniert das wegen der Resistenzen immer seltener. Das gefährdet die Produktion von ausreichend Lebensmitteln für die immer größer werdende Weltbevölkerung. Es sind also sehr fundamentale und gesellschaftlich wichtige Themen, mit denen Deng sich täglich befasst.
Immer die Nähe der besten Forschenden gesucht
Begonnen hat ihre wissenschaftliche Karriere an der Tsinghua Universität in China, einem Flagship-Partner der TUM. Dort studierte Deng im Bachelor Biologie und Umwelt-Ingenieurwesen. Ihren Master in Umweltwissenschaften machte sie dann an der Universität Nottingham in England. Und den Doktortitel erwarb sie an der Universität Bristol, ebenfalls in England. Danach folgten Forschungsstationen in Innsbruck und Arizona, USA, bevor sie 2011 ans Helmholtz Zentrum München wechselte. „Ich habe mir meine Stationen immer sehr gezielt ausgesucht. Und zwar nach dem Kriterium der Exzellenz. Ich habe immer die Nähe der besten Forschenden meines Gebiets gesucht, mit ihnen gearbeitet und von ihnen gelernt.“
In München blieb sie dann zusätzlich zu diesen Kriterien wegen der Liebe; sie ist mit einem Österreicher verheiratet und hat zwei Kinder. „Ich hatte richtig Glück mit München“, sagt Deng. „Das ist eine wunderbare, sehr offene Stadt.“ In ihrer Elternzeit hat sie begonnen, Deutsch zu lernen. „Das brauche ich in der täglichen Arbeit und auch in der Freizeit. Noch unterrichte ich auf Englisch, aber ich hoffe, dass das bald auch auf Deutsch funktioniert.“
Unterstützt durch das Emmy-Noether-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur Förderung herausragender Nachwuchswissenschaftler:innen wurde Deng 2015 Gruppenleiterin am Institut für Grundwasserökologie am Helmholtz Zentrum München.
Ihr Ziel: Menschen widerstandsfähiger gegen Krankheiten zu machen
Seit 2022 ist sie Gruppenleiterin am Institut für Virologie der TUM School of Medicine and Health. Ihr großes Ziel: „Die Gemeinschaft aller Viren im Körper aktiv zu gestalten und die Menschen damit widerstandsfähiger gegen Krankheiten zu machen.“ Die TUM biete dafür hervorragende Forschungsbedingungen. „Alle wichtigen Technologien und Gerätschaften stehen mir hier zur Verfügung. Und dazu kommen noch die exzellenten Kolleginnen und Kollegen. Gemeinsam können wir hier Großes erreichen.“
Ausgleich zu ihrer intensiven Forschungsarbeit findet Deng beim Wandern in den bayerischen Bergen mit ihrem Mann, der auch Naturwissenschaftler ist, und den beiden gemeinsamen Kindern. Doch selbst in der Freizeit lässt sie ihre Arbeit nie so ganz los. Überall auf ihren Touren sammelt die Familie Proben vom Boden, aus dem Wasser von Bergseen. Die Wissenschaft ist für Deng eben nicht nur ein Job, sondern echte Leidenschaft.
- Li Deng schloss ihr Studium der Mikrobiologie an der University of Bristol, Großbritannien, ab. Nach einem Postdoc-Aufenthalt in den USA kam sie als Emmy Noether-Nachwuchsgruppenleiterin zu Helmholtz Munich. Seit 2022 ist sie Professorin für Prävention von Mikrobiellen Infektionskrankheiten an der TUM School of Life Sciences. Ihre Forschung wurde unter anderem durch einen ERC Starting Grant des Europäischen Forschungsrates (ERC) ausgezeichnet.
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Prof. Li Deng
Professur für Prävention von Mikrobiellen Infektionskrankheiten
TUM School of Life Sciences