• 20.4.2023
  • Lesezeit: 3 Min.

NewIn: Achim Lilienthal

Wenn Roboter das Riechen lernen

In dieser Folge „NewIn“ treffen wir Achim Lilienthal. Er baut Roboter mit Geruchssinn, die etwa gefährliche Gase erkennen und so Unfälle verhindern können. In München möchte er ein Labor für Riechsinn in der Robotik etablieren, das zur Anlaufstelle für Wissenschaftsteams aus der ganzen Welt werden soll.

Externen Inhalt anzeigen

An dieser Stelle sind Inhalte eines externen Anbieters (Quelle: www.xyz.de) eingebunden. Beim Anzeigen können Daten an Dritte übertragen oder Cookies gespeichert werden, deshalb ist Ihre Zustimmung erforderlich.

Mehr Informationen und die Möglichkeit zum Widerruf finden Sie unter www.tum.de/datenschutz.

Herr Lilienthal, welche Themenfelder decken Sie am neu geschaffenen Lehrstuhl für Perzeption für Intelligente Systeme ab?
Ich beschäftige mich primär mit drei Themen: Dem Riechsinn von Robotern im Kontext von Umwelt und Nachhaltigkeit; mit mobilen, fahrenden Robotern und der Frage, wie sie sicher und effizient navigieren können und, als drittes damit, wie Künstliche Intelligenz auf vorhandenem Domänenwissen aufbauen kann, anstatt es immer wieder neu lernen zu müssen.


Wofür sind riechende Roboter gut?
Diese Roboter reagieren auf Gase und sind in der Lage, etwa Methan, Kohlenmonoxid und andere giftige Gase zu erkennen. In einer Mine in Kiruna in Schweden beispielsweise wurden unter Tage dieselbetriebene Arbeitsmaschinen auf E-Betrieb umgestellt. Dafür sind sehr schwere leistungsstarke Batterien nötig. Um früh zu erkennen, wenn sie heiß laufen oder gar in Brand geraten, haben wir Sensoren in der Mine installiert und an Fahrzeugen montiert, die giftige Gase wahrnehmen. Zudem wollen wir Geothermiequellen finden und kartieren detektierte Gase um geeignete Standorte für Bohrungen zu finden. Langfristig ist es unser Ziel, das Messen und Kartieren zu automatisieren und einer Künstlichen Intelligenz die Interpretation der Daten zu übergeben. Mit dem Riechsinn für Roboter deckt das Munich Institute of Robotics and Machine Intelligence (MIRMI) neben dem Sehen und dem Fühlen nun einen weiteren menschlichen Sinn ab und wird immer mehr zum „Center of the Senses“.

Auch bei mobilen, fahrenden Robotern spielt die Sinneswahrnehmung eine Rolle …
Ja, die präzise Wahrnehmung der Umgebung ist notwendig, damit ein Roboter sicher und effizient navigieren kann. Ein wichtiges Anwendungsfeld sind industrielle Umgebungen, ein sehr dynamisches Umfeld, besonders wenn der Einsatzort etwa ein Warenlager ist, das nicht von Beginn an für die Automation gedacht war. An der Universität in Örebro haben wir uns in der Forschung ganz bewusst für ein „semi-kontrolliertes Umfeld“ entschieden, in dem die Fahrzeuge langsamer als etwa Autos unterwegs sind und Änderungen eingeführt werden können, die dem Roboter Teilaufgaben erleichtern können. Hier lassen sich zudem Sicherheitswesten nutzen, die die Mitarbeitenden tragen und so zuverlässig zu erkennen sind – auch im Dunkeln. Wären wir direkt in den Straßenverkehr gegangen, hätten wir in dem gegebenen Umfeld zu viele Herausforderungen auf einmal gehabt. Nun nutzen wir unser Erkenntnisse für den Einsatz in Fabriken – und natürlich auch im MIRMI-Leuchtturmprojekt KI.Fabrik.

Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz in Ihren Forschungen?
KI kommt immer dort zum Einsatz, wo Abhängigkeiten bestehen, die sich sonst nur schwer modellieren lassen. Mit meiner Forschungsgruppe  versuche ich hierbei besonders datensparsame und zuverlässige Ansätze zu entwickeln, bei denen KI auf vorhandenem Domänenwissen aufbaut. Ein riechender Roboter sollte zum Beispiel Differentialgleichungen aus der Physik „kennen“, die die Ausbreitung von Gasen beschreiben. Damit lässt sich dann, wie im Beispiel der Suche nach Geothermiequellen, automatisiert herausfinden, wo man als nächstes messen sollte.

Ein anderes Beispiel ist die Blickbewegungsverfolgung: Will etwa ein Roboter durch eine Menschenmasse gehen, ohne ständig mit jemandem zusammenzustoßen, hilft es, dass er die Blickrichtung der Personen analysiert. Auf dieser Basis kann er entscheiden, welchen Weg er einschlägt. Verschiedene Start-ups entwickeln bereits eine entsprechende Technologie. Künstliche Intelligenz nimmt dabei eine wichtige Rolle ein, sowohl bei der Blickverfolgung als auch bei der Interpretation einer Blicksequenz.

Worauf freuen Sie sich an der TUM besonders?
Ich freue mich auf den lehrstuhlübergreifenden Austausch innerhalb der Organisation. Das ist ja auch eines der Markenzeichen des integrierten Instituts MIRMI, diesen interdisziplinären Austausch zu fördern. Mein großes Ziel ist, eine Art „Robot Olfaction CERN“ in München zu etablieren, ein Hightech-Labor für Riechsinn in der Robotik als Anlaufstation für Wissenschaftsteams aus aller Welt, die sich mit diesem Thema beschäftigen.

Weitere Informationen und Links

Technische Universität München

Corporate Communications Center

Kontakte zum Artikel:

Prof. Achim J. Lilienthal
Technische Universität München
Lehrstuhl für Perzeption für Intelligente Systeme 
achim.j.lilienthal(at)tum.de

Aktuelles zum Thema

HSTS