NewIn: Melanie Richards
Das Emotionale im Management
Vor elf Jahren entschied sich Melanie Richards für einen klaren beruflichen Schnitt. Richards arbeitete erfolgreich in einer Position, von der viele BWL-Absolvent:innen träumen: Unternehmensberaterin in London. „Super dynamisch, super professionell“ hatte sie das Wirtschaftsleben in der Metropole wahrgenommen. Aber nach und nach wurde ihr klar, was sie vermisste – sowohl in ihrer eigenen Arbeit als auch in den Unternehmen, die sie analysierte. „Die Ergebnisse der Beratung waren zwar wichtig, aber doch immer sehr an einem begrenzten Zweck orientiert. Und ich hatte keinen Kontakt zu Firmen, die mit viel Know-how hochentwickelte Produkte herstellen.“
Geprägt worden war ihr Unternehmensbild von den Betrieben in ihrer Heimat, dem Schwarzwald. In kaum einer anderen Region ist die Dichte an Familienunternehmen so groß wie hier. „Fachliche Spezialisierung, auf die man stolz ist, eng eingebundene Mitarbeitende, die lange im Betrieb bleiben, und die Integration in die Gesellschaft, zum Beispiel mit der Förderung von Vereinen“ – diese Merkmale sieht Richards als charakteristisch für mittelständische, aber auch große Familienunternehmen. Tiefergehende Erkenntnisse über solche Unternehmen zu generieren, die langfristig relevant sind – dafür entschied sich Melanie Richards und ging in die Forschung.
„Was sehen die Eigentümer:innen als ihre Verantwortung?“
Dabei geht es Richards nicht in erster Linie um rein ökonomische Aspekte. „Bei Familienunternehmen ist mehr im Spiel als finanzielle Ziele. Das Unternehmen soll langfristig erhalten bleiben. Bindungen zu Kund:innen und Lieferant:innen werden nur ungern aufgegeben. Der Wunsch nach einem gewissen Einfluss auf das wirtschaftliche und gesellschaftliche Umfeld spielt oft eine Rolle, genauso wie Machtinteressen innerhalb der Familien. Es gibt also eine sozio-emotionale Komponente im Management, die wir besser verstehen wollen.“
Besonders interessant findet Melanie Richards, wie die Eigentümer:innen ihr Verständnis von persönlicher Verantwortung mit gesellschaftlichen Entwicklungen zusammenbringen. „Wir wollen beispielsweise untersuchen, wie sich die Familien zum Thema Nachhaltigkeit verhalten. Es gibt Unternehmen, die transparent nachhaltig wirtschaften. Wir sehen aber auch Familien, die Corporate Social Responsibility als amerikanisches Konstrukt betrachten und die Haltung vertreten: Wir waren schon immer ehrbare Kaufleute, wir müssen uns jetzt nicht an irgendwelchen Initiativen beteiligen. Was sehen diese Eigentümer:innen dann bei konkreten Entscheidungen als ihre Verantwortung? Und welche gesellschaftlichen Folgen resultieren daraus?“
Offene Firmen-Türen für die Studierenden
Psychologie und Soziologie spielen in diesen Studien eine wichtige Rolle. „Das gefällt mir an meinem Forschungsfeld besonders gut“, sagt Richards. „Es ist nicht rigide auf ein Thema beschränkt. Ich kann ein Stück weit kreativ sein, wenn ich neue Fragestellungen und Studiendesigns entwickle.“
Kreativität ist manchmal auch gefragt, um Zugang zu den Firmen zu bekommen. „Teil der Familienunternehmenslogik ist, dass eine Familie privat ist und damit auch das Unternehmen.“ Doch der langjährige Kontakt der TUM zu Unternehmen und das damit einhergehende Vertrauen helfen, Türen zu öffnen. „Kürzlich haben unsere Masterstudierenden Familienunternehmen zu Nachhaltigkeit interviewt. Ich war selbst überrascht, wie offen die Firmen waren, sich von diesen superklugen und kritischen jungen Leuten ausfragen zu lassen.“
Wie können aus Start-ups Familienunternehmen werden?
Ein weiterer Grund, sich für die TUM zu entscheiden, war für Melanie Richards die mögliche Zusammenarbeit mit den Sozial- und Ingenieurwissenschaften sowie mit den Start-ups, die hier entstehen. „In Start-ups liegt das Management genauso in der Hand einzelner Personen. Die Unternehmenskultur ist aber nicht eindeutig auf langfristige persönliche Verantwortung ausgelegt, sondern schließt ganz selbstverständlich die Möglichkeit eines Ausstiegs mit ein. Eine der spannendsten Forschungsfragen ist deshalb, wie sich Start-ups in Familienunternehmen verwandeln können.“
Melanie Richards studierte Betriebswirtschaftslehre an der LMU und in Bath. Sie arbeitete für eine Unternehmensberatung in London, bevor sie an das Center for Family Business der Universität St. Gallen wechselte, wo sie 2015 ihre Promotion abschloss und anschließend als Postdoc forschte. Während dieser Zeit war sie auch Gastforscherin an der Bayes Business School in London. 2017 trat sie ihre erste Professur an der University of Bristol an, 2018 wurde sie an die University of Bath berufen. Seit dem vergangenen Jahr leitet sie die EQUA-Stiftungsprofessur für Familienunternehmen, deren Kultur und Eigentümer an der TUM School of Management.
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Kontakte zum Artikel:
Prof. Dr. Melanie Richards
Professur für Familienunternehmen, deren Kultur und Eigentümer
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