• 1.6.2023
  • Lesezeit: 3 Min.

NewIn: Matthias Hebrok

Mit Mini-Organen Krebs erforschen

In dieser Folge von „NewIn“ stellen wir Matthias Hebrok vor. Der Professor für Angewandte Stammzell- und Organoidsysteme und Direktor des neuen TUM Center for Organoid Systems (COS) erzeugt organähnliche Strukturen aus Stammzellen. Diese Organoide nutzt er, um Bauchspeicheldrüsenkrebs zu erforschen, Diagnostika zu entwickeln und an insulinproduzierenden Zellen für Stammzelltherapien zu arbeiten.

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Mit bloßem Auge kaum zu sehen sind die rund 120 Mikrometer großen Zellverbände, die Matthias Hebrok im Labor aus Stammzellen herstellt. Die künstlich erzeugten dreidimensionalen Strukturen ähneln denen der Bauchspeicheldrüse in unserem Körper stark, „schon fast zu 90 Prozent“, sagt Hebrok. In unserem Köper verrichten diese sogenannten Langerhans’schen Inseln lebenswichtige Aufgaben: Sie produzieren unter anderem Insulin, das Hormon, das unseren Zellen signalisiert Blutzucker aufzunehmen. „Bei Diabetes sind die insulinproduzierenden Betazellen dieser Strukturen beschädigt. Deshalb arbeiten wir daran, Betazellen nachzubauen und zu verbessern, so dass sie zukünftig für Zellersatztherapien genutzt werden können.“
 

Diabetesforschung auch aus persönlicher Motivation

Den Drang, den Dingen auf den Grund zu gehen, entwickelte er schon in jungen Jahren. „Mein Vater war Entwickler und Tüftler. Er hat immer überlegt, wie lässt sich etwas besser machen? Wie lässt sich dieses oder jenes Problem besonders geschickt lösen? Er hat das im Maschinenbau gemacht – ich überlege nun, wie geht das in der Biologie“, sagt Hebrok. „Leider hat mein Vater selbst jahrelang unter Diabetes gelitten. Für mich ist das auch eine persönliche Motivation, an der Krankheit zu arbeiten, um dies anderen Leuten zu ersparen.“

Seine Forschungskarriere begann Hebrok in der Entwicklungsbiologie. Als Postdoc in Harvard begann er sich zunehmend detailliert mit Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse zu befassen. Über 20 Jahre forschte und lehrte Hebrok als Professor für Diabetesforschung an der University of California San Francisco und leitete dort von 2010 – 2020 das Diabetes Center. Zum 1. September 2022 wurde der er als Professor für Angewandte Stammzell- und Organoidsysteme an die TUM berufen und leitet das neugegründete Center for Organoid Systems (COS). Er ist zudem Direktor des Instituts für Diabetes und Organoid-Technologie (IDOT) bei Helmholtz Munich.

Organoide: Mini-Organe aus dem Labor

Unter den richtigen Laborbedingungen lassen sich aus Stammzellen so etwas wie Miniaturausgaben unserer Organe entwickeln: Sogenannte Organoide mit selbstorganisierten, dreidimensionalen Zellstrukturen. „So eine Stammzelle sieht zunächst völlig unspektakulär aus. Aber wenn man sie richtig behandelt, entsteht daraus in über ein paar Wochen eine Zellstruktur, wie wir sie auch im Körper haben, also zum Beispiel ein Teil der Bauchspeicheldrüse. Das finde ich immer noch absolut faszinierend, wie man auf diese Weise etwas Lebendiges nachbauen kann, um damit Krankheiten zu heilen. In den USA gibt es bereits erste klinische Versuche für Stammzelltherapien mit künstlich erzeugten Betazellen. Es ist toll, an etwas zu arbeiten, das zu diesem Ziel beiträgt.“

Gewebe nachbauen und herausfinden wie Gewebe krank wird, das sind die beiden Schwerpunkte, auf die sich Hebrok und sein Team konzentrieren. So untersuchen sie auch, wie Krebs in der Bauchspeicheldrüse entsteht und wie er sich bekämpfen lässt. „Bauchspeicheldrüsenkrebs ist besonders schlimm, weil er häufig erst sehr spät erkannt wird. Mit Organoiden können wir die Krankheit und ihre Entstehung außerhalb des Körpers genau untersuchen. So möchten wir frühzeitigere Diagnosen ermöglichen und Therapien entwickeln, die wir in den humanen Organoidsystemen direkt testen.“

Neugierig bleiben, mutig sein und das große Ganze im Blick behalten – auch nach über 30 Jahren Forschung ist bei Hebrok die Begeisterung fürs Forschen deutlich spürbar. „Dieses Gefühl, wenn man etwas sieht, das noch nie jemand gesehen hat und etwas entwickelt, das wirklich medizinisch helfen kann. Das ist doch unglaublich spannend.“

Weitere Informationen und Links
  • Die Organoidforschung ist ein Schwerpunkt an der TUM. Mit dem Bau des Center for Organoid Systems (COS) am Forschungszentrum Garching soll eine in Europa einzigartige Einrichtung entstehen, in der die einmaligen Bedingungen der TUM als technische Hochschule mit eigenem Universitätsklinikum genutzt werden, um diese hochmoderne Technologie in die medizinisch-klinische Anwendung zu bringen.
  • Die Professur für Angewandte Stammzell- und Organoidsysteme wurde gefördert über die Hightech Agenda Bayern (HTA).

Technische Universität München

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Kontakte zum Artikel:

Prof. Dr. Matthias Hebrok
Technische Universität München
Professur für Angewandte Stammzell- und Organoidsysteme
matthias.hebrok@tum.de

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