Podcast „We are TUM“ – Transkript zur zweiten Folge

„Erster Vorlesungstag, alle Daten sind verarbeitet, alles ist auf den Weg gebracht, das ist Erleichterung pur.“

[Matthias Kirsch:] Erleichterung pur. Das kennen im Uni-Umfeld wohl die meisten. Die Studierenden nach den bestandenen Prüfungen oder wenn die Abschlussarbeit endlich ausgedruckt ist. Die Forschenden, wenn die Ergebnisse einer monatelangen Studie da sind oder eben Gudrun Obst. Das ist die Frau, die wir gerade gehört haben. Gudrun Obst ist eine der „Hidden Champions“ der TU, also eine der Personen, die im Hintergrund arbeiten und ohne die an der Uni nichts laufen würde. Denn Gudrun Obst ist zuständig für die Raumplanung an der Uni und sorgt dafür, dass zehntausende Studierende auch einen Hörsaal haben. Im Gespräch erzählt sie gleich noch mehr von ihrer Arbeit. Herzlich willkommen zu der zweiten Folge von „We are TUM“, dem Podcast von und für die Technische Universität München. Mein Name ist Matthias Kirsch und ich werde Sie durch diesen Podcast begleiten. Wie immer stellt Ihnen aber ganz zu Beginn der Präsident der Universität, Thomas Hofmann, die Themen der heutigen Episode vor.

[Thomas Hofmann:] Liebe Zuhörende, wir freuen uns sehr, dass Sie auch dieses Mal wieder dabei sind. Diese Folge von „We are TUM“ startet wie immer mit der Spitzenforschung. Mit dem Informatikprofessor Daniel Cremers sprechen wir über eines der wohl wichtigsten Forschungsfelder unserer Zeit: die künstliche Intelligenz. Dann werden wir von Gudrun Obst hören. Sie ist für die Hörsaalvergabe zuständig. Das ist bei der stetig wachsenden Zahl der Studierenden, 45.000 heute, eine echte Herausforderung, die sie großartig meistert. Sie ist die „Hidden Champion“ dieser Folge. Anschließend verrät uns die Studentin Veronica Becker, was es mit den Hochbeeten auf sich hat, die seit einigen Monaten am TUM-Stammgelände stehen. Sie ist nämlich die Initiatorin des Projekts „Plant a Seed“ und pflanzt dieser Tage Karotten und Blumenkohl am Campus an.

Danach bleiben wir auch beim Thema Nachhaltigkeit. Mit Werner Lang, Professor für nachhaltiges Bauen an der TUM, geht es um effiziente Bauweisen, um Klimaneutralität und die Frage, wo Deutschland beim nachhaltigen Bauen im internationalen Vergleich liegt. Zum Abschluss der Folge verlassen wir dann kurz den Kosmos der TUM. Mit dem bayerischen Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Bernd Sibler, reden wir über das Projekt ONE MUNICH Strategy Forum und die strategische Kooperation zwischen TUM und unserer Schwesteruniversität LMU. Und in der Rubrik ‚5 Tipps‘ erzählt uns Autor Merlin Gröber, wie er seit anderthalb Jahren nicht nur aus seinem Bus heraus lebt, sondern auch arbeitet. Ich wünsche Ihnen also viel Spaß mit „We are Tum“ und grüße Sie bis zum nächsten Mal.

Spitzenforschung

[Marcel Laskus:] Sie beschäftigen sich unter anderem damit, Maschinen die Analyse und Interpretation von Bilddaten nahezubringen. Was können Maschinen sehen, was Menschen nicht sehen können?

[Daniel Cremers:] Das ist eine schwierige Frage. Meistens ist es eher andersherum, dass Menschen Dinge sehen können, die Maschinen bis heute noch nicht sehen können. Und man muss hier anerkennen, dass einfach die Computer Vision oder Bildverarbeitung heute immer noch in so einem Kinderstadium ist, dass wir in der Lage sind, einfache Dinge in Bildern zu erkennen oder die Maschine einfache Dinge erkennen kann. Aber komplexere Zusammenhänge in der Welt zu erfassen aus Bildern ist bis heute für Maschinen sehr schwierig und eigentlich noch nicht wirklich möglich.

[Laskus:] Welche Erkenntnis hat Sie in Ihrer Forschung ganz konkret zuletzt verblüfft?

[Cremers:] Eine Erkenntnis, die mich über viele Jahre verblüfft hat, eigentlich schon von Kindheit an ist, dass Menschen in der Lage sind, allein aus Bilddaten mit den Augen komplexe Vorgänge zu erfassen, in einer Weise, dass man auch die Entwicklung der Welt vorhersagen kann. Ganz konkret verblüfft hat mich schon als Kind, dass wenn mir jemand einen Tennisball zuwirft, dass ich in der Lage bin, diesen Tennisball zu fangen. Zum Teil sogar, wenn ich die Augen zumache, nachdem der Ball abgeworfen wurde. Das heißt, irgendwo bin ich in der Lage – das klappt nicht immer, aber ich habe es probiert, habe als Kind viel Ball gespielt – und war fasziniert, dass man als Mensch offenbar in der Lage ist, die ganze Trajektorie des Balls im Kopf vorherzusagen. Bis hin zu dem Punkt, wo der Ball landen wird und auch zu dem Zeitpunkt, wann er landen wird. Denn Sie können das gern probieren: bei Tennisbällen muss ich die Hand im Grunde schon zumachen, wenn der Ball aufschlägt. Wenn ich erst auf den Aufprall warte und dann die Hand zumache, das machen kleine Kinder gerne, das funktioniert zum Greifen dann nicht. Das heißt, es ist eine sehr komplexe Leistung, die Menschen in Bruchteilen von Sekunden leisten können. Vielen Leuten ist das gar nicht bewusst, was das Gehirn alles berechnet, wenn wir einen Tennisball fangen oder einen Fußball schießen.

[Laskus:] Und wie lässt sich dieses Faszinierende im menschlichen Gehirn, in den menschlichen Fähigkeiten, denn auf die Maschinen übertragen? Das klingt so, als ob Sie vor allem der Mensch fasziniert in seinen Fähigkeiten.

[Cremers:] Ja, der Mensch ist für uns eigentlich seit jeher die große Inspiration und es gibt sicherlich Beispiele, wo Maschinen heute bessere Sehfähigkeiten haben als Menschen, gerade, wenn es um quantitative Auswertungen geht. Wenn ich jetzt ein biologisches Bild habe und zählen soll, wie viele Zellen auf dem Bild zu sehen sind, wie groß die Zellen im Mittel sind. Das sind Sachen, wo Menschen chronisch nicht gut sind. Wir können jetzt nicht abertausende Zellen mit den Augen zählen. Maschinen sind immer besser, wenn es um Zählen und Quantifizieren geht. Aber komplexe Phänomene zu erfassen, Zusammenhänge zwischen Dingen in der Welt zu erfassen, Vorhersagen zu machen, wie die Welt sich entwickeln wird, da sind Menschen erstaunlich gut. Und das ist eine der Herausforderungen, die wir angehen, wo wir versuchen, mit Maschinen diese Fähigkeit zu reproduzieren. Die Fähigkeit, letztlich die Physik der Welt aus Kameradaten zu erfassen.

[Laskus:] Und wie kann man das vielleicht an einem konkreten Beispiel mal verstehen, wie Sie diese, diesen Versuch der Reproduktion der menschlichen Fähigkeiten, wie Sie versuchen, das einer Maschine oder einem Computer beizubringen?

[Cremers:] Das sieht typischerweise so aus, dass wir uns erst mal eine Fragestellung, die Fragestellung konkretisieren. Also beispielsweise ganz konkret: Stellen Sie sich vor, ich nehme einen Teddybären und lasse ihn auf einen Tisch fallen. Und versuche die Bewegung des Teddybären mit der Kamera zu erfassen, die 3D-Struktur des Teddybären zu erfassen, wie er sich über die Zeit deformiert, so weit zu erfassen, dass ich im Idealfall die Bewegung des Teddybären in die Zukunft hinein simulieren kann. Und das Schöne ist, wenn man so etwas beobachtet, die Simulation eines Phänomens in die Zukunft hinein, die kann man wunderbar mit den Daten abgleichen. Ich kann ja zu jedem Zeitpunkt gucken, wie gut war die Simulation? Wie gut passt sie zu den jetzt beobachteten Daten? Und die Herausforderung ist es, Simulation und Realität in Übereinstimmung zu bringen. Und das ist auch das Thema meines ERC Advanced grants für SIMULACRON. Da geht es genau darum: Simulationen der Wirklichkeit mit Beobachtungen in Einklang zu bringen.

[Laskus:] Und jetzt klingt künstliche Intelligenz für viele ja immer noch nach Science Fiction und nach etwas total Abstraktem. Aber wo steckt das, womit Sie sich beschäftigen, eigentlich schon jetzt im Alltag drin, wo man es vielleicht auch gar nicht erwarten würde?

[Cremers:] Künstliche Intelligenz klingt nach Science Fiction, ist aber Realität. Wir sind eigentlich tagtäglich umgeben von künstlicher Intelligenz. Wenn Sie heute Ihr Handy anschalten und einen Text reinsprechen und das Handy diesen Text live mitschreibt, das ist künstliche Intelligenz in Aktion. Da sind Algorithmen da, die die Sprache, die Sie reinsprechen, erfassen und quasi in Echtzeit in Text umwandeln. Und wie Sie wissen, könnte man problemlos diesen Text jetzt auch in andere Sprachen übersetzen. Da gibt es Firmen wie DeepL, die künstliche Intelligenz und neuronale Netze einsetzen, um Übersetzungen zu machen. Und wenn Sie das mal getestet haben, werden Sie sehen, das funktioniert dermaßen gut, dass ich mich frage, warum meine Tochter eigentlich noch Englisch lernt in der Schule?

[Laskus:] Und welche Tätigkeit wollen Sie sich auf keinen Fall irgendwann mal von einer Maschine abnehmen lassen? Was ist Ihnen so wichtig, dass Sie es lieber ganz alleine selbst machen wollen?

[Cremers:] Also es gibt Tätigkeiten, die heutzutage von künstlicher Intelligenz geleistet werden, die eben fragwürdig sind. Also ganz konkret die Überwachung, die in manchen Ländern stattfindet, die automatisierte Überwachung der Bevölkerung mithilfe von künstlicher Intelligenz, mithilfe von Gesichtserkennung und ähnlichem. Das sind alles Entwicklungen, die ich sehr bedenklich finde. Und da muss man gucken, dass man nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit versucht, ethische Standards zu etablieren, um diese Entwicklungen zu verhindern.

[Laskus:] Herr Professor Cremers, ich danke Ihnen sehr für das Gespräch.

[Cremers:] Vielen Dank Ihnen.

Hidden Champion

[Kirsch:] Die TU München wächst Jahr für Jahr, und zwar in jeder Hinsicht. Es entstehen neue Räume, aber es kommen eben auch immer mehr Studierende an die Uni. Aktuell sind es mehr als 45.000. Jedes Semester findet deshalb im Hintergrund etwas statt, das man auch Raum-Tetris nennen könnte. Gudrun Obst arbeitet seit vielen Jahren in der Hörsaal-Vergabe der TUM. Als Tetris-Expertin sorgt Sie dafür, dass auch im nächsten Semester kein Hörsaal überbucht ist und keine Vorlesung auf dem Gang stattfinden muss. Mein Kollege Marcel Laskus hat die „Hidden Champion“ dieser Episode getroffen.

[Laskus:] Ich freue mich sehr, Frau Gudrun Obst neben mir zu begrüßen. Hallo!

[Gudrun Obst:] Hallo. Grüße Sie!

[Laskus:] In der Pandemie haben alle plötzlich Zeit zu Hause verbracht. Das müsste doch eigentlich eine sehr entspannte Zeit für Sie gewesen sein. Die Hörsäle waren ja leer, oder?

Die Hörsäle waren leer. Das ist die Praxis und die Theorie ist, dass ja zuvor die Hörsäle geplant wurden. Damit musste einhergehen, dass die Lehrveranstaltungen, die in den Hörsälen verarbeitet sind, auf online gestellt werden von den zuständigen Mitarbeitern und gleichzeitig die Studierenden sehen, wann und wo. Gegebenenfalls auch mit neuen Zeiten finden nun ihre Lehrveranstaltungen digital statt.

[Laskus:] Was sind so Momente, wo Sie sehen: die Arbeit macht echt Spaß?

[Obst:] Das sind die Momente, wo man genau das sieht: ein Planungsbeginn fängt ja bei null mit den Plandaten an. Soll heißen, wenn dann Anfragen für neue Lehrveranstaltungen kommen, wenn Einzelanfragen kommen, die natürlich für eine Hochschule wie auch für die Studierenden wichtig sind, wie Tage der Fakultät, Absolventenfeiern, Absolventenverabschiedungen, Preisverleihungen wie IdeAward oder Entrepreneurship Day. Solche Dinge unterzubringen und zu versuchen  Lösungswege aufzuzeigen und diese Lösungswege führen dann so zum Ziel, dass letzten Endes alles durchführbar ist.

[Laskus:] Gab es mal einen Moment, wo Sie die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und gedacht haben: Oh Gott, wie soll ich das jetzt hinkriegen?

[Obst:] Die Momente wird es immer wieder geben. Aber noch habe ich immer eine Lösung gefunden.

[Laskus:] Und gab es mal eine Sache, wo Sie so richtig stolz auf sich waren, dass Sie da dieses Projekt gemeistert haben?

[Obst:] Da kann ich nicht eine Sache definieren, sondern jedes Mal dann, wenn der Zeitpunkt beginnt. Erster Vorlesungstag, alle Daten sind verarbeitet, alles ist auf den Weg gebracht. Das ist Erleichterung pur.

[Laskus:] Und jetzt ist ja gerade, wenn man so auf die Corona-Pandemie schaut, merkt man ja schon, wie viele Firmen, aber auch an der Universität, sagen: „Wir brauchen nicht mehr so viele Büroräume. Vielleicht kriegen wir das auch von zu Hause hin.” Wie schauen Sie so in die Zukunft? Wie wird sich das an der TU München vielleicht verändern?

[Obst:] Ist sicherlich machbar. Vieles digital. Aber die Zusammenkünfte, der Austausch, der geistige Austausch auch der Studierenden, der fakultätsübergreifende Austausch ist persönlich immer von größter Bedeutung.

[Laskus:] Also wird ein Job wie Ihrer auch in Zukunft noch gebraucht werden?

[Obst:] Davon gehe ich mal aus.

[Laskus:] Vielen Dank, Frau Obst.

[Obst:] Sehr gerne.

Der junge Blick

[Kirsch:] Wer in diesen Tagen auf dem TU-Stammgelände in der Münchner Innenstadt unterwegs ist, dem dürfte aufgefallen sein, dass dort seit einigen Monaten Hochbeete stehen, also richtige Holzkästen mit Erde und Mulch und angepflanztem Gemüse. Verantwortlich dafür ist das studentische Projekt Plant a Seed. Ich habe die Initiatorin des Projekts, Veronica Becker, eine 27-jährige Studentin des Umweltingenieurwesens, zwischen den Hochbeeten getroffen und mit ihr über diese Idee gesprochen.

[Veronica Becker:] Ja, Plant a Seed ist aus der Idee heraus entstanden, dass wir unser theoretisches Wissen, was wir in den Vorlesungen alles so lernen, dass wir das auch mal wirklich anwenden. Und wir möchten die Hochbeete nicht nur nutzen, um einfach so ein bisschen zu gärtnern und dass ein paar Hippie-Studenten zusammenkommen und rumgärtnern, sondern wir haben damit eine sehr, sehr große Vision und große Ziele. Und ja, auch einfach dieses Bewusstsein schaffen in der Bevölkerung, was es bedeutet, seine eigenen Nahrungsmittel herzustellen.

[Kirsch:] Was könnte man denn alles mit diesem angepflanzten Gemüse so anstellen? Also noch sind es ja nur ein halbes Dutzend Hochbeete. Langfristig sollen es aber noch viele, viele mehr werden. Könnte man damit zum Beispiel die Mensas der Uni beliefern?

[Becker:] Ja, tatsächlich ist das eines der sehr, sehr langfristigen Ziele. Also wir haben natürlich Etappen, die wir davor erreichen möchten und haben das ganze Projekt in kleinere Steps eingeteilt. Aber tatsächlich ist unser langfristiges Ziel, dass wir Märkte an den Campus-Standorten aufbauen und eben auch teilweise die Uni-Mensen beliefern können.

[Kirsch:] Wie ist das Projekt denn verlaufen? Also seit März 2021 stehen die Hochbeete jetzt hier. Aber das passiert ja nicht von einem Tag auf den nächsten, wie ist das Ganze abgelaufen?

[Becker:] Also ich hatte im November 2019 tatsächlich die Idee. Ich habe damals die Dokumentation Tomorrow angeschaut und da ging es eben um Projekte auf der ganzen Welt, die etwas Nachhaltiges machen. Und diese Doku hat mich so unglaublich inspiriert, dass ich mir Gedanken gemacht habe, was ich in meiner Heimatstadt machen könnte. Und da bin ich dann eben auf die Idee gekommen, dass ich gerne ein Urban-Gardening-Projekt starten würde. Und die Uni liefert den perfekten Rahmen. Wir haben die Human Resources. Wir haben so unendlich viele Studenten, die da mitwirken können. Wir haben super viele verschiedene Studiengänge, die alle ihr Know-how einbringen können. Und wir haben ein bisschen Platz. Nicht viel, aber wir haben ein bisschen Platz, wo wir das Ganze umsetzen können.

[Kirsch:] Von den langfristigen Zielen, nämlich die ganze Uni zu beliefern, hast du ja schon erzählt. Aber was passiert denn eigentlich mit der Ernte, bis es soweit ist? Also was passiert jetzt mit den Pflanzen, mit dem Gemüse, das ihr in diesem Sommer angepflanzt hat?

[Becker:] Jetzt im ersten Jahr geht es einfach mal darum, dass wir als Team zusammenwachsen, dass wir lernen – das Gartenleben ist eine eigene Wissenschaft für sich –und dass wir einfach lernen, wie das alles aufgebaut wird. Natürlich uns auch innerhalb des Teams weiterentwickeln und der Uni natürlich auch zeigen, dass wir das alles im Griff haben, dass wir die Pflanzen vor allem über die Semesterferien nicht vergammeln lassen. Und die Ernte wird jetzt wahrscheinlich im ersten Jahr nicht besonders groß sein. Wir haben uns überlegt, dass wir das gerne für Team-Events nutzen, dass wir Teambuilding-Events starten, vielleicht einen Tag der offenen Tür für Plant a Seed und das nochmal wirklich ein bisschen weiter kommunizieren, dass wir das hier haben, dass jeder mitmachen kann und dafür möchten wir die Ernte nutzen.

[Kirsch:] Noch seid ihr ja nur mit den Hochbeeten unterwegs. Damit lassen sich die großen Pläne, also die Ernährung der ganzen Uni-Studierenden und der ganzen Mitarbeitenden nicht realisieren. Welche Mittel gibt es denn noch, um quasi jetzt auf diesem begrenzten Raum mehr herzustellen?

[Becker:] Also der Plan ist jetzt erst mal, dass wir noch am Boden bleiben und vor allem auf die anderen Standorte ausbauen. Garching und Straubing die haben schon Gärten, dass wir die einfach noch ein bisschen ausbauen. Die haben ja auch mehr Platz. Dass wir da effizienter anbauen und auch mehr Erträge anschaffen können und natürlich möchten wir dann auch gerne oder sind schon dabei, Vertical-Farming-Konzepte zu entwickeln. Wir arbeiten gerade an einem Container, in dem ein Vertical-Farming-Konzept aufgebaut werden soll, das hier am Campus, am Innenstadt-Campus aufgebaut werden soll. Und langfristig möchten wir natürlich auch gerne auf die Dächer gehen. Da müssen wir allerdings noch die Genehmigungen einholen und das wird noch mal ein bisschen mehr Arbeit.

[Kirsch:] Danke dir, Veronica, für den Einblick in das Projekt. Und falls Sie sich gefragt haben, aus welchen Studienrichtungen die freiwilligen Helfer eigentlich kommen: aus allen Richtungen. Es sind Umweltingenieure dabei so wie Veronica und Biologen, es sind aber auch Sportstudierende und Sozialwissenschaftlerinnen dabei. Wer also bei Plant a Seed mitmachen möchte, wird bestimmt einen Platz finden. 45.000 Studierende ernährt man ja nicht mal ebenso.

Nachhaltigkeit

[Kirsch:] Bis zum Jahr 2045 will Deutschland treibhausgasneutral sein. Das hat sich die Bundesregierung vorgenommen. Dabei werden das Bauen und das Wohnen eine große Rolle spielen. Denn, verschiedene Studien kommen zum Schluss, dass bis zu 40 Prozent der Treibhausgasemissionen beim Heizen und Bauen unserer Wohnungen entstehen. Wie kann also klimafreundliches Bauen aussehen? Darüber hat meine Kollegin Clarissa Ruge mit Werner Lang gesprochen. Werner Lang leitet das Zentrum für energieeffizientes und nachhaltiges Bauen und Planen an der TU.

[Ruge:] Wie sieht das Wohnhaus der Zukunft aus?

[Werner Lang:] Das Wohnhaus der Zukunft wird in einem gut erschlossenen, sehr dichten Wohnquartier liegen. Das wird aus nachwachsenden Materialien erstellt worden sein und wird einen extrem niedrigen Energieverbrauch haben.

[Ruge:] Wenn Sie sich aussuchen dürften, einmal träumerisch und hypothetisch, was wäre für Sie der schönste Ort zum Wohnen?

[Lang:] Wenn ich ehrlich sein darf, dann ist es die Wohnung, in der ich mich momentan befinde mit meiner Frau. Das ist eine Wohnung, die ist im vierten Stock, hat einen kleinen Grünraum vor sich, hat einen Ostbalkon und einen Westbalkon. Ich habe also den Sonnenaufgang und ich habe den Sonnenuntergang da auf 68 Quadratmetern, was völlig ausreichend ist für uns beide. Die Kinder sind längst erwachsen und wohnen woanders. Und da sind wir schon sehr, sehr glücklich. Ich möchte gar nicht woanders wohnen.

[Ruge:] Was kann ich ganz individuell dafür tun, um nachhaltiger zu wohnen? Außer das übliche: Mülltrennung, Stromsparen (…).

[Lang:] Ich glaube, es sind die drei Schlagworte und die drei Aspekte der Nachhaltigkeit, die man beachten muss. Es ist Suffizienz. Wieviel brauche ich denn letztendlich? Wie viel Fläche brauche ich denn, um glücklich zu sein? Das Zweite wäre die Konsistenz. Also wirklich alles, was ich nutze, was ich brauche, so zu gestalten, dass es mit erneuerbaren Materialien oder mit erneuerbaren Energien betrieben oder gebaut werden kann. Und erst dann kommt die Effizienz. Also erst dann kommt das kleines bisschen Besserwerden. In dieser Reihenfolge. Also so als Zielvorstellung.

[Ruge:] Einer Ihrer aktuellen Vorlesungen heißt „Ressourceneffizientes und nachhaltiges Bauen“. Welchem Rohstoff gehört beim Häuserbau die Zukunft?

[Lang:] Ich denke, dass es eine ganze Reihe von Rohstoffen sein kann. Allen voran ist natürlich das Holz im Vordergrund. Holz speichert CO2, wie wir alle wissen. Da werden wir wesentlich mehr noch sehen in der Zukunft. Es wird auch Lehm dazukommen. Vielleicht nicht so sehr bei den tragenden Wänden, aber vor allem im Innenausbau. Lehm speichert Feuchtigkeit und gibt es auch wieder ab. Ist also ein sehr gesunder Baustoff in jedem Fall. Und dann gibt es noch andere Materialien wie Schilf. Wir können auch mit Algen beispielsweise bauen. Das heißt, wir haben da die Möglichkeiten an erneuerbaren Materialien noch nicht ausgereizt. Im Bereich Beton, da haben wir das Riesenproblem, dass Zement extrem energieaufwendig produziert wird. Nahezu zehn Prozent des Weltenergiebedarfs oder des CO2-Ausstoß gehen ja auf Zement zurück. Und das heißt, da müssen wir neue Bindemittel erfinden, um auch diesen Baustoff wesentlich nachhaltiger zu gestalten.

[Ruge:] Welche andere Länder, die man vielleicht nicht beim Thema nachhaltiges Bauen sofort im Sinn hat, gehen dabei voran?

[Lang:] Ich denke, was wir ja immer tun, wir versuchen ja, unser Konzept der Nachhaltigkeit in die Welt zu verkaufen. Und ich schäme mich dann immer ein bisschen, wenn ich einen Vortrag in Nairobi beispielsweise wie vor zwei Jahren halte über nachhaltiges Bauen und denke mir, dass der Fußabdruck in Indien, in Afrika, in Südamerika deutlich niedriger ist. Bangladesch zum Beispiel hat einen Fußabdruck von 0,8 Global Hektar, das ist ein Flächenmaß pro Person. Wir haben hier das Fünffache, das Achtfache davon. Das bedeutet, wir müssen eigentlich von diesen Ländern lernen, zufrieden zu sein. Wir müssen von diesen Ländern lernen, eben ressourcenschonend umzugehen. Wir müssen lernen zu recyceln. Das heißt, da gibt es ganz viele Länder, die wir eigentlich als rückwärtsgewandt ansehen. Und eigentlich sind es die Länder, wo wir profitieren können, wenn wir schauen, wie die glücklich werden mit dem geringen Fußabdruck, den sie haben.

[Ruge:] Sie werden noch dieses Jahr 60! Was wollen Sie unbedingt in den nächsten Jahren erreichen?

[Lang:] Ja, ich glaube, ich kann sagen, dass wir da ganz gut unterwegs sind. Wir haben jetzt ein Forschungsprojekt momentan mit der Stadt München zusammen. Das heißt Grüne Stadt der Zukunft, wo wir all diese Dinge mit einem Stadtquartier hier in München, im Norden Münchens, umsetzen wollen. Wir wollen also nachverdichten. Wir wollen mehr Menschen einen Wohnraum geben. Wir wollen mehr Grün in die Stadt bringen. Wir wollen den Individualverkehr zurückdrängen. Wir wollen das alles auf eine wirtschaftlich belastbare Basis stellen. Und wir werden im September die Ergebnisse vorstellen. Und da sind wir schon eigentlich jetzt schon ziemlich nah dran an dem, was ich mir erträumt habe, mit dem Lehrstuhl hier erreichen zu können. Mit den wirklich tollen Kolleginnen und Kollegen, die ich habe, die alle da mitarbeiten, sei es jetzt meine wissenschaftlichen Assistentinnen oder auch eben die Kollegen von anderen Lehrstühlen. Da sind wir schon ziemlich nah dran. Da würde ich mir nur wünschen, dass ich vielleicht noch während meiner Amtszeit hier an der TU München das erste Gebäude, das umgebaut worden ist, miteröffnen darf.

Das Wissenschaftsgespräch

[Kirsch:] In München gibt es unter den Studierenden der beiden großen Universitäten TU und LMU immer wieder kleine freundschaftliche Wettbewerbe, sei es zum Beispiel bei studentischen Fußballturnieren, bei wissenschaftlichen Wettbewerben oder bei der winterlichen Schneeballschlacht im Englischen Garten. Es ist eine friedliche Rivalität, aber eben doch eine Rivalität. In einigen Bereichen wird es in Zukunft aber jetzt mehr Kooperationen geben. Mit dem ONE MUNICH Strategy Forum wollen TU und LMU zusammen mit dem Freistaat Bayern nämlich enger zusammenarbeiten. Über dieses gemeinsame Projekt habe ich mit Bernd Sibler gesprochen, dem bayerischen Staatsminister für Wissenschaft und Kunst. Hallo Herr Sibler.

[Bernd Sibler:] Ich grüße Sie.

[Kirsch:] Herr Sibler, mit dem ONE MUNICH Strategy Forum wollen also die beiden großen Universitäten stärker kooperieren. Mit Unterstützung des Freistaats. Wie ist es denn zu dieser Kooperation gekommen?

[Sibler:] Wettbewerb ist lokal, regional, international. Wettbewerb hat viele Vorteile, weil er Kräfte mobilisieren kann. Aber gerade im internationalen Wettbewerb wird es sehr, sehr wichtig sein, dass sich Bayern und die Spitze der Union München hier auch im internationalen Bereich positionieren kann. Da gilt es, in den Feldern, wo man klug zusammenarbeiten kann, eben auch klug zusammenzuarbeiten. Und das war letztlich die Grundidee, also eine vernunftgeleitete Überlegung, wie man klug Kräfte bündeln kann.

[Kirsch:] Ging diese Initiative aus von den Universitäten oder doch vom Freistaat Bayern? Wie sah das aus?

[Sibler:] Ach, halb fielen sie, halb sanken sie dahin. Für uns ist es natürlich schon sehr, sehr wichtig, als Ministerium, dass wir immer ein Stück Synergien heben, dass wir auch die Sichtbarkeit nochmal erhöhen. Der Standort München ist natürlich international sehr, sehr sichtbar. Aber Sie spüren es ja bei den Themen Künstliche Intelligenz, Digitalisierung im medizinischen Bereich, vielen technologischen Bereichen, aber auch in sozialwissenschaftlichen oder geisteswissenschaftlichen Themen. Da will man wahrgenommen sein, und zwar nicht nur zwischen Aschaffenburg und Passau, sondern zwischen Tokio und Washington. Und hier ist es eben klug, wenn man kritische Massen bündelt und dann Sichtbarkeit auch erhöht und Wettbewerbsfähigkeit steigert.

[Kirsch:] Wie profitiert denn München als Stadt auf der einen Seite, aber auch Bayern als Land am Ende von dieser stärkeren Kooperation zwischen LMU und TU?

[Sibler:] Beide Universitäten sind Exzellenzuniversitäten, beide zählen sich zu den 50 Besten auf der ganzen Welt, je nach Ranking und je nach untersuchten Bereichen. Diese Kraft zu bündeln bietet viel, viel mehr Sichtbarkeit in einer kleiner gewordenen Welt, in einer Welt, wo viel mehr Wettbewerber unterwegs sind. Gott sei Dank ziehen auch kleinere Länder nach, Staaten, die man früher als Entwicklungsländer bezeichnet hätte, und auch die Osteuropäer innerhalb der Europäischen Union. Das ist gut und richtig, weil Wissenschaft eben hier auch eine internationale und verbindende Sprache ist. Auf der anderen Seite müssen wir uns diesen Veränderungen auch stellen. Deshalb ist es gut, wenn man eben Sichtbarkeit erhöht, natürlich auch unter finanziellen Aspekten ein Stück die Effizienz steigert. Und da ist es klug und richtig, wenn wir hier eben diese Kooperationen fördern.

[Kirsch:] Sie haben es angedeutet: Beide Universitäten sind ja für sich schon Exzellenzuniversitäten, gelten in vielen Fächern zu den besten Universitäten Europas und der Welt. Will man die nicht behalten, diese Rivalität, um quasi den Wettbewerb zu fördern? Spielt diese Kooperation jetzt irgendwie da rein, macht das diese Rivalität kaputt?

[Sibler:] Wir brauchen den Wettbewerb da, wo er sinnvoll ist. Natürlich gibt es dieses freundschaftliche, sich – auf Bayerisch würde man sagen – „abdackeln“ zwischen den Bereichen. Sie haben die Beispiele genannt bis hin zur Schneeballschlacht. Das ist ja ganz bemerkenswert. Das ist schön. Es erhebt auch ein Stück die Wettbewerbsfähigkeit dann auch. Aber man soll ihn vor allem da führen, wo er national und international wichtig ist. Bei der letzten Exzellenzinitiative haben wir gesehen, dass mit Berlin ein Standort sich entwickelt hat, der auf der wissenschaftlichen Karte so noch nicht wahrgenommen worden war. Wir haben diese unglaubliche Entwicklung in Baden-Württemberg, in anderen Ländern gesehen. Aber wir müssen uns international positionieren, wir haben mit der Hightech Agenda über drei Milliarden Euro in die Hand genommen, um gerade auch in vielen neuen Technologien die klügsten Köpfe der ganzen Welt hierher zu bekommen. Da wollen wir unsere Universitäten, besonders die beiden Münchner, aber auch die anderen hier in Bayern unterstützen, um eben auch attraktiv zu sein für die klügsten Köpfe in ihren Fachbereichen. Das ist unser Anspruch.

[Kirsch:] Sie haben gerade die Hightech Agenda des Freistaats angesprochen. Wie sieht denn die Unterstützung des Freistaats in dieser Kooperation aus? Also man kann sich ja denken, da geht es rein um finanzielle Aspekte. Ist das so oder geht es darüber hinaus auch noch weiter mit der Unterstützung des Freistaats?

[Sibler:] Finanziell ist das eine. Wir geben in den nächsten Jahren bis zu zwei Millionen Euro aus, schaffen damit auch ein paar Stellen. Paar Koordinierungsmöglichkeiten, Doktorandinnen und Doktoranden. Auch der wissenschaftliche Nachwuchs ist ganz entscheidend wichtig. Das ist das eine. Das andere ist aber auch wirklich die strategische Bündelung. Dass wir Dinge, die stören könnten, ausräumen. Da sind wir Gott sei Dank sehr, sehr weit gekommen. Es klappt richtig gut mittlerweile, da ist auch viel Vertrauen entstanden, auch im Bereich der Uni-Medizin, gerade in den Corona-Zeiten von höchster Bedeutung natürlich, um auch den Menschen durch Forschung, aber auch durch Versorgung einfach Sicherheit geben zu können. Und da sind wir eben dann dabei, die Gesamtschau vielleicht auf bayerischer deutscher Ebene noch ein Stück olympischer zu haben als das eine einzelne Universität mit den Interessen haben kann. Und da haben wir einen sehr, sehr guten Gesprächskreis, davon profitieren wir alle.

[Kirsch:] Dann gibt es noch einen Aspekt, den ich mit Ihnen besprechen wollte, nämlich die Kooperation. Wir haben jetzt über die TU, die LMU und den Freistaat gesprochen. Da sollen aber auch außeruniversitäre Partner mitspielen, aus der Wirtschaft, aus der Industrie. Wie sollen diese Partner denn Teil dieser Kooperation werden?

[Sibler:] Also zunächst haben wir mit einem konkreten Projekt im Bereich der Biowissenschaften diese Partnerschaften schon mit Leben erfüllt. Wir haben hier in München ja auch eine extrem starke außeruniversitäre Forschung. Ich will einfach nur mal Max-Planck und Helmholtz nennen, mit denen ja schon zusammengearbeitet wird. Max-Planck, das Grundlageninstitut, wo wir hier eben auch zusammenarbeiten. Auch da gibt es natürlich Wettbewerb, aber der wird produktiv, der wird konstruktiv dieser Wettbewerb, der uns weiterbringt. Helmholtz im Bereich der Medizinforschung ein Weltmarkt-Bespieler, der wahrgenommen wird. Das alles zu bündeln ist vollkommen klar. Und dann kommen Partner aus der Wirtschaft und der Industrie fast von selber. Wir wollen das auch im bayerischen Hochschulgesetz noch ein Stück stärken, indem wir diese Austauschmöglichkeiten stärken. Nicht, dass die Universitäten dadurch unternehmerische Hochschulen werden. Sondern dass einfach der Austausch mit anderen Strukturen einfacher wird. Das ist der Ansatz, den wir haben und das findet sich hier. In dieser ONE MUNICH Strategy wird sehr, sehr gut gelebt, was wir in vielen Bereichen der bayerischen Hochschulpolitik in den letzten zwei, drei Jahren entwickelt haben. Da wird es dann ganz konkret.

[Kirsch:] Sehen Sie hier ein Risiko, dass Unternehmen oder außeruniversitäre Partner, die eben nicht mit dabei sind in der Kooperation, außen vor bleiben?

[Sibler:] Die Partner müssen sich finden, die von außen aufzuziehen macht keinen Sinn. Aber da habe ich überhaupt keine Bedenken, denn diese Bereiche sind so gut miteinander vernetzt. Die Szenen kennen sich Gott sei Dank seit Langem und finden sich danach zusammen. Ansonsten organisieren wir ein paar Kongresse, um vielleicht noch ein paar neue Partnerinnen und Partner auch ins System einführen zu können. Aber das ist meine geringste Sorge. Die Community kennt sich bestens und ist bestens vernetzt.

[Kirsch:] Herr Sibler, ich danke Ihnen vielmals für das Gespräch.

[Sibler:] Ich habe zu danken.

Fünf Tipps

[Kirsch:] Zum Abschluss dieser Folge machen wir, wie immer, einen Schritt zurück, verlassen den Kosmos der TU und blicken aus anderer Perspektive auf das Leben. Heute ist das Thema das mobile Arbeiten und dafür darf ich Merlin Gröber willkommen heißen. Hallo Herr Gröber!

[Merlin Gröber:] Hallo Herr Kirsch!

[Kirsch:] Herr Gröber, Sie sind Autor, vor allem für Auto-Themen. Und als solcher schreiben Sie für Geo. Sie schreiben für Die Zeit und Sie sind seit anderthalb Jahren im Bus unterwegs. Also leben im Bus und arbeiten aus Ihrem Bus heraus. Ich muss direkt einmal fragen: Wie sind Sie dazu gekommen, Ihr Leben quasi aus dem Apartment, aus der Wohnung raus in den Bus hinein zu verlegen und dort nicht nur zu leben und zu reisen, sondern eben auch zu arbeiten?

[Gröber:] Eigentlich wollte ich nur reisen tatsächlich. Das war Anfang 2020, da sah die Welt noch anders aus. Dann kam Corona und meine Reisepläne waren dahin. Und dann habe ich mich entschieden, meinen Alltag im Bus zu verbringen und muss sagen: bis heute bereue ich das nicht.

[Kirsch:] Der Alltag beinhaltet natürlich auch das Arbeiten, das mobile Arbeiten in Ihrem Fall. Sie sind ständig unterwegs, schreiben an unterschiedlichen Orten und deswegen haben Sie uns als Experte dafür quasi fünf Tipps mitgebracht, wie man am besten mobil arbeitet, worauf man achten muss. Welche fünf Tipps haben Sie uns denn mitgebracht?

[Gröber:] Der erste Tipp ist: Klären Sie die rechtliche Situation. Dürfen Sie von Ihrem Arbeitgeber aus überhaupt mobil arbeiten? Im Gegensatz zum Homeoffice bedeutet mobiles Arbeiten nämlich nicht, dass Sie einen häuslichen Arbeitsplatz brauchen. Und da ist aktuell die rechtliche Situation noch unklar. Es gibt keine Definition des mobilen Arbeitens. Der zweite Tipp ist der Standort, ganz wichtig. Sie brauchen einen ruhigen, schattigen Standort. Ich arbeite gerne auf Wanderparkplätzen. Da ist es ruhig, sie haben Bäume für den Schatten. Solche Orte finde ich entweder durch Reisen, indem ich vor Ort etwas entdecke, oder ich plane voraus mit Apps wie park4night, iOverlander oder Google Maps. Das sind alles Apps, die Parkplätze verschlagworten beziehungsweise mit denen Sie Parkplätze finden können.

Das dritte ist das Internet. Ganz wichtig. Sie brauchen heute einfach Internet, um arbeiten zu können. Ich persönlich habe einen Handyvertrag mit offenem Datenvolumen. Ich brauche allerdings nur 60 Gigabyte. Und ich benutze manchmal eine Funkloch-App oder den Breitband-Monitor vom Bundesministerium. Und darüber kann ich suchen, ob diese Parkplätze, die ich mir über Google Maps rausgesucht habe, überhaupt Internet haben. Der vierte Tipp ist Strom. Ich persönlich arbeite mit einer Powerbank oder einem Wechselrichter. Da kann ich über den Zigarettenanzünder meinen Laptop und mein Handy laden. Langfristig werde ich mir allerdings eine zweite Batterie und eine Solarpanele aufs Dach schrauben. Jemand, der anfängt, der braucht das allerdings noch nicht. Und der fünfte Tipp ist ganz klar: langsam anfangen. Fangen Sie ruhig an, planen Sie erst einmal einen Nachmittag ein, um im Freien zu arbeiten oder von mir aus ein verlängertes Wochenende und hängen Sie noch den Montag oder den Freitag dran. Kündigen Sie nicht gleich Ihre Wohnung, ziehen Sie in einen Van und hängen sich Lichterketten an die Fenster. Das macht Sie nicht glücklich.

[Kirsch:] Das klingt auf jeden Fall so, als müsste man sich vorbereiten. Als müsste man dieses mobile Arbeiten und den Sprung ins mobile Arbeiten sehr gut planen. Herr Gröber, vielen Dank, dass Sie das mit uns geteilt haben.

[Gröber:] Vielen Dank, dass ich das teilen durfte.

[Kirsch:] Danke, dass Sie hier waren.

Und das war es schon für diese Folge von „We are TUM“. Auch in der nächsten Folge sprechen wir wieder über Spitzenforschung, über das Studienleben und über all die Menschen, die die TU zu dem einzigartigen Ort machen, der sie ist. Das war „We are TUM“. Diese Folge wurde produziert von Marcel Laskus, Clarissa Ruge, León Voßberg und Wenzel Weber. Das Sounddesign und die Postproduktion gestaltet Marco Meister von Edition Meister aus Berlin. Bis zur nächsten Folge. Kommen Sie mit uns und entdecken Sie die großen und die kleinen Geheimnisse der TU München.

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