• 14.1.2025
  • Lesezeit: 3 Min.

Ressourcen auf dem Mond: Prof. Philipp Reiss im Interview

„Sauerstoff- und Wassergewinnung auf dem Mond in den kommenden 10 Jahren“

Der Mond fasziniert die Menschheit seit jeher – so auch die Wissenschaft. Zahlreiche Raumfahrtagenturen planen neue Erkundungsmissionen. Die NASA lässt morgen (15.01.2025) eine Rakete im Rahmen des Commercial Lunar Payload Services (CLPS) Programms mit Mondlandern abheben. Philipp Reiss, Professor für Lunare und Planetare Exploration an der Technischen Universität München (TUM), erklärt die Gründe, warum über 50 Jahre nach der letzten bemannten Mondmission, unser Erdtrabant wieder in den Fokus der Weltraumforschung gelangt ist.

Portrait von Prof. Philipp Reiss neben einem Raketenmodell Sebastian Kissel / TUM
Philipp Reiss, Professor für Lunare und Planetare Exploration
Lieber Herr Reiss, die NASA schickt diese Woche eine Rakete mit Messinstrumenten auf den Mond, gleichzeitig sind allein fünf Missionen unterschiedlicher Weltraumagenturen für die Erforschung von Wasser geplant, woher kommt das rege Interesse am Mond?

Im Vergleich zu der Apollo-Ära, in der die Motivation ganz klar politisch war, liegen die Beweggründe nun tatsächlich bei der wissenschaftlichen Erkundung. Gerade das Thema Wasser auf dem Mond ist zentral. Es gibt immer noch zahlreiche Fragen zu klären – wie zum Beispiel: Wo kommt das Wasser her und in welchen Mengen liegt es vor. Nutzbare Ressourcen könnten zukünftig verkauft werden und ein ökonomisches Potenzial darstellen. Und auf dem Mond können wir sehr viel Wissenschaft betreiben. Wir können die Einschlagsprozesse untersuchen, wir können über das Alter und die Geologie der Mondoberfläche, über das Sonnensystem und über die Entstehung von Himmelskörpern sehr viel lernen. Diese Themen standen nicht im Fokus der Apollo-Missionen und wurden danach nur teilweise verfolgt. Das Wissen über Wasser auf dem Mond ist zudem erst gut 25 Jahre alt. Davor herrschte die Annahme, dass es kein Wasser auf dem Mond gäbe.

Der Mond soll Rohstoffe liefern, als Hub für Reisen zu fernen Planeten dienen und besiedelt werden. Was davon ist realistisch und ab wann können wir mit der Umsetzung rechnen?

Als Erstes wird das Thema Treibstoff angegangen. Einerseits birgt es das größte ökonomische Potenzial und andererseits betreiben wir einen enormen Aufwand, um Treibstoff von der Erde ins All zu bringen. Durch eine Treibstoffproduktion auf dem Mond würden sich völlig neue Möglichkeiten für entfernte Flüge ergeben. Zudem würden nicht nur Kosten beim Start auf der Erde eingespart, sondern auch Emissionen. Mit ersten Demonstrationsflügen rechne ich in den kommenden 10 Jahren. Das heißt, erste Geräte werden auf dem Mond Sauerstoff aus dem Gestein, dem sogenannten Regolith, extrahieren und Wasser aufbereiten. Der nächste Schritt wird dann die Nutzung der Rohstoffe. Eine Besiedlung des Mondes wird dahingegen noch deutlich länger auf sich warten lassen.

Werden der Abbau und die Aufbereitung der Ressourcen ohne den Menschen auskommen?

Die meisten Prozesse werden tatsächlich robotisch geschehen. Menschen werden die Prozesse und Maschinen auf dem Mond beispielsweise von der geplanten Raumstation Gateway [Lunar Orbital Platform-Gateway] fernsteuern. Dem Menschen kommt allerdings bei der Prospektion, also dem Finden von Ressourcen, eine wichtige Rolle zu. Er kann auf der Mondoberfläche Gegenstände und Ressourcen besser wahrnehmen als Roboter mit ihren Sensoren. Deshalb braucht man den Menschen und den Roboter auf dem Mond. Die Extraktion und Verarbeitung werden dann Roboter übernehmen.

Was folgt nach der Ressourcengewinnung auf dem Mond? Geht es weiter zu anderen Planeten oder gibt es weitere Forschungsfelder auf unserem Erdtrabanten?

Auf dem Mond gibt es auch dann noch viel zu entdecken und zu erforschen. Zum Beispiel würde der Aufbau von Teleskopen auf der Rückseite des Monds neue Entdeckungen ermöglichen, weil wir da keine Interferenzen von der Erde haben. Parallel wird es dann auch Richtung Mars gehen. Den klassischen Ansatz, den Mond als Sprungbrett zum Mars und als Versuchsfeld für Marsmissionen zu nutzen, halte ich für zu kurz gedacht. Sowohl die technologischen Anforderungen als auch die Umgebungsbedingungen sind sehr unterschiedlich, wenngleich es natürlich viele Synergien gibt. Außerdem können wir viel schneller und flexibler zum Mond fliegen als zum Mars. Daher halte ich die parallele Entwicklung von Missionen zu beiden Himmelskörpern für sinnvoller.

Für weite interplanetare Missionen könnte aber der Raum zwischen Erde und Mond an Bedeutung gewinnen. Größere Raumfahrzeuge könnten in Einzelteilen von der Erde oder vom Mond kommen und dann im Mondbereich zusammengebaut und betankt werden. 

KinderUni Vorlesung „Schätze auf dem Mond“

Publikationen

Ph. Reiss: Exploring the lunar water cycle. Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS). https://doi.org/10.1073/pnas.2321065121    

Weitere Informationen und Links
  • Im Rahmen der KinderUni hat Prof. Reiss auch angehende Planeten- und Weltraumforschende im Alter zwischen 7 und 12 Jahren mit seiner Vorlesung „Schätze auf dem Mond“ über den Mond und seine Ressourcen aufgeklärt. https://www.kinderuni-muenchen.de/vorlesungsverzeichnis/  

Technische Universität München

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Kontakte zum Artikel:

Prof. Dr. Philipp Reiss
Lehrstuhl für Lunare und Planetare Exploration
Technische Universität München 
Tel. +49 (89) 289 - 55680 
p.reissspam prevention@tum.de 

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