Studierendeninitiative Impetus
Mit dem Wind im Rücken
Ein Knall, ein Ruck, dann liegen beide Segler im Wasser: Das Steuerruder ist aufgerissen und in zwei Teile aufgebogen. Wie ein Brett liegt es quer im Wasser und setzt der rasanten Fahrt über das Mittelmeer ein jähes Ende. Noch bevor der Segelcup richtig begonnen hat, muss das Boot der studentischen Initiative Impetus in den Hafen von Triest geschleppt werden.
Jedes Jahr im September treten studentische Segelteams aus ganz Europa beim 1001VelaCup in Italien gegeneinander an. Wichtigste Teilnahmebedingung: Der Rumpf der kleinen Boote muss zu mindestens 75 Prozent aus recyclebaren Materialien oder Naturfasern bestehen. 2024 waren erstmals auch Studierende der TUM dabei: Das Team Impetus ging mit der von ihnen entworfenen und gebauten Jolle „Schickeria” ins Rennen um das schnellste und nachhaltigste Segelboot.
Das Team Impetus sucht Verstärkung für das Wintersemester 24/25. Studierende aller Münchner Universitäten können sich melden und mitmachen.
Normalerweise wird für Segelboote glasfaserverstärkter Kunststoff mit Epoxidharz verwendet. „Dieses Material lässt sich hervorragend formen und verarbeiten“, sagt Tim Raible, einer der Segler und Student im Master Management and Technology an der TUM. „Es gibt jedoch keine großflächige Recyclingmethode, im besten Fall kann es nach Gebrauch geschreddert und als Füllstoff verwendet werden.“
Beim Design ihres Bootes wollten die Studierenden einen Schritt weiter in Richtung Nachhaltigkeit gehen: Sie kombinierten Basaltfasern mit einem recycelbaren Harz. Der Vorteil: Die Komponenten lassen sich voneinander trennen, einschmelzen und anschließend wiederverwenden. Auch beim Bauprozess selbst suchten die Studierenden nach Alternativen: Statt eine Negativform aus einem riesigen Kunststoffblock herauszufräsen und damit viel Abfall zu produzieren, entschied sich das Team für eine 3D-gedruckte Vorlage für den Bootsrumpf. Noch sind die verwendeten Materialien teurer, das Konstruktionsprinzip aufwendiger und das Recycling des Rumpfes nicht praktisch umgesetzt. „Aber wir wollen mit unserem Prototyp zeigen, was im Bootsbau in Sachen Kreislauffähigkeit alles möglich ist“, sagt Tim.
Der Traum vom nachhaltigen Segelboot
Die Idee eines nachhaltigen Segelboots stammt von Benjamin Wittmann. Schon als Kind ist er mit dem Segelboot seiner Eltern an den Küsten Europas unterwegs, erzählt er bei einer Führung durch den MakerSpace, eine Hightech-Werkstatt der UnternehmerTUM in Garching, in der das Impetus-Segelboot Form annimmt. Mit sieben Jahren macht Benjamin seinen ersten Segelkurs auf dem Starnberger See. „Ich wollte immer ein eigenes Boot bauen, Raketen oder Rennautos haben mich nicht interessiert“, sagt er.
Nach dem Abitur entscheidet sich Benjamin für ein Maschinenbau-Studium an der TUM. Seitdem verwirklicht er den Traum vom eigenen Rennboot – erst eher hobbymäßig, wie er sagt. Als er merkt, dass er alleine nicht weiterkommt, nimmt er Kontakt zum Lehrstuhl für Carbon Composites der TUM auf. Dort bekommt er neben fachlicher Unterstützung auch den Tip, eine Studierendeninitiative zu gründen. Über soziale Medien findet Benjamin Gleichgesinnte, im Sommer 2023 nimmt das Projekt nachhaltiges Segelboot Fahrt auf.
Mittlerweile arbeiten rund 50 Studierende aus unterschiedlichen Disziplinen bei Impetus mit: Vom Design über die Suche nach der besten Faser und den 3D-Druck einzelner Bauteile bis hin zur Holzbearbeitung am Rumpf legen sie bei jedem Schritt selbst Hand an. In den Wochen vor dem Start des Velacup in Triest arbeiten sie trotz Prüfungsstress fast täglich im MakerSpace. Bei gutem Wind trainieren sie am Starnberger See für das Rennen.
Mit dabei ist auch Laura Drexler, die im Master Aerospace an der TUM studiert. Für Impetus hat sie in Teamarbeit ein detailliertes CAD-Modell für den Schiffsrumpf erstellt und verschiedene Lastfälle per Finite-Elemente-Analyse untersucht. Aus den Ergebnissen konnten die Studierenden dann bestimmen, wo Verstrebungen nötig sind und wo Mast und Segel befestigt werden. „Ich finde es megacool, sich selbstständig in so ein Projekt einzuarbeiten und so viel Neues zu lernen”, sagt Laura. „Wenn ich mir jetzt das fertige Boot ansehe, ist es faszinierend, was wir gemeinsam aus dem Nichts geschaffen haben.”
Neu designen statt nur reparieren
Ausprobieren, tüfteln, Rückschläge verkraften – das gehört zur Arbeit bei Impetus. Selbst als beim 1001VelaCup das Steuerruder bricht, lässt sich das Team nicht entmutigen: „Wir haben die Bauteile nicht einfach repariert, sondern nochmal komplett neu designt, um die Fehler zu beheben. Die 3D-gedruckten Teile haben wir mit unserem Verbundwerkstoff laminiert und konnten so auch komplexe Geometrien schnell und akkurat bauen“, erzählt Tim nach dem Wettbewerb.
Am Ende landen die Studierenden von Impetus auf dem fünften von neun Plätzen. „Das Boot ist vor allem bei stärkerem Wind richtig schnell gefahren und hat sich gut und stabil angefühlt“, sagt Tim. Auch wenn es nicht zum Sieg gereicht hat, ist er zufrieden: „Wir sind mit einem komplett neu gebauten Boot an den Start gegangen. Die besser platzierten Teams haben schon mehrere Jahre an ihren Jollen gearbeitet.“
Als Belohnung für ihren Einsatz fahren die Studierenden nach dem Wettbewerb für eine Woche nach Mallorca – natürlich zum Segeln. Nach dieser wohlverdienten Auszeit geht es im Wintersemester mit dem Projekt nachhaltiges Segelboot weiter: „Wir wollen wieder an einem studentischen Segelwettbewerb teilnehmen, diesmal für nachhaltige Foiling-Boote“, sagt Tim. „Und dafür werden wir uns natürlich wieder ein Boot bauen.”
Die Studierendeninitiative Impetus wurde gefördert durch den Verein Freunde der TUM e. V. Werden Sie Mitglied und fördern Sie den akademischen Nachwuchs an der TUM!
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