EU fördert Spitzenforschung aus Medizin und Naturwissenschaften
Drei ERC Advanced Grants für Forschende der TUM
Forschende an der TUM konnten insgesamt bereits 212 der renommierten ERC Grants einwerben. Diese werden jedes Jahr in verschiedenen Kategorien vergeben. Die Advanced Grants sind exzellenten etablierten Forschenden vorbehalten, die in den vergangenen zehn Jahren Spitzenleistungen vorzuweisen haben. Sie sind mit bis zu 2,5 Millionen Euro dotiert.
Zusätzlich zu den drei Advanced Grants werden zwei Projekte mit sogenannten Proof of Concept Grants gefördert. Diese werden an Forschende vergeben, die prüfen wollen, ob aus ihren ERC-Forschungsprojekten marktfähige Innovationen entstehen können.
Prof. Dr. Thorsten Bach
Wirkstoffe setzen sich oftmals aus chiralen organischen Verbindungen zusammen. Das heißt, sie bestehen aus zwei spiegelbildlichen Formen, sogenannten Enantiomeren. Zwar sind diese Enantiomere spiegelgleich, aber nicht deckungsgleich. Dieser Unterschied kann bei der Wirkung von Medikamenten beispielsweise dazu führen, dass ein Enantiomer heilend wirkt, das andere hingegen Nebenwirkungen hervorruft. Bisher wurden die unerwünschten Moleküle mühsam aus dem Gemisch der beiden Enantiomere herausgefischt, da es unmöglich war, das Gemisch in das gewünschte Endprodukt zu überführen. Hier setzt das Forschungsprojekt CALIDE von Prof. Thorsten Bach an. Basierend auf erfolgreichen Vorarbeiten soll mithilfe photochemischer Reaktionen das Gemisch in das jeweils gewünschte Enantiomer umgewandelt werden.
Prof. Thorsten Bach ist Inhaber des Lehrstuhls für Organische Chemie I. Bereits 2015 wurde er mit einem ERC Advanced Grant ausgezeichnet, 2020 erhielt er den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis.
Prof. Dr. Nora Brambilla
Quarks sind die elementaren Bausteine der Materie. Die Eigenschaften und die Wechselwirkungen von Quarks und Gluonen, den Trägern der starken Wechselwirkung, sind von größter Bedeutung um das Verhalten von Materie auf fundamentaler Ebene zu verstehen. Die starke Wechselwirkung ist einzigartig unter den vier Naturkräften, da sie das Phänomen des Confinement im Niedrigenergiebereich aufweist, was ihre Untersuchung zu einer besonderen Herausforderung macht. Lange Zeit wurden Quarks in Hadronen ausschließlich als Quark-Antiquark-Paare (sogenannte Mesonen, wie Pionen) oder in Gruppen von drei Quarks (sogenannte Baryonen, wie Protonen und Neutronen – die Bausteine der Atomkerne) beobachtet. In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurden jedoch in verschiedenen Experimenten in Teilchenbeschleunigern auf der ganzen Welt neue exotische Hadronen, sogenannte XYZ, entdeckt. Sie weisen bemerkenswerte und unerwartete Eigenschaften auf, und ihre Zusammensetzung aus Quarks und Gluonen ist noch unklar. Das Forschungsprojekt „EFT-XYZ“ von Prof. Nora Brambilla zielt darauf ab, diese neuen Formen der Materie zu untersuchen. Mit einer neuartigen Kombination von quanteneffektiven Feldtheorien und umfangreichen Computersimulationen soll diese Forschung einen Durchbruch bei der Berechnung der Eigenschaften von XYZ im Vakuum und im Medium ermöglichen und damit neue Erkenntnisse über die starke Wechselwirkung liefern.
Prof. Nora Brambilla ist Leiterin der Gruppe „Theoretische Teilchen- und Kernphysik“ an der TUM School of Natural Sciences und Gründerin der TUMQCD Lattice Collaboration. Prof. Brambilla ist Mitglied in den Exzellenzclustern ORIGINS und MCQST. Darüber hinaus ist sie Kernmitglied des MDSI.
Prof. Dr. Alessandra Moretti
Nach der Geburt kann der menschliche Organismus Schäden am Herzmuskel nicht reparieren. Tiere wie Zebrafische sind dazu aber in der Lage. Im Projekt EPICURE will ein Team um Alessandra Moretti die Mechanismen der Herzentwicklung des Menschen entschlüsseln und sie für neue Therapien nutzen. Dabei setzen die Forschenden auf eigens entwickelte kardiale Organoide, die „Epicardioids“. Mit diesen dreidimensionalen Zellgebilden, lässt sich die Entwicklung des menschlichen Herzens in der Kulturschale im Labor nachstellen. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Rolle von Epikardzellen. Diese äußere Schicht des Herzmuskels sendet während der Embryonalentwicklung wichtige Signale aus, die die Entstehung des Organs steuern. Anhand der gewonnenen Erkenntnisse wollen die Forschenden neue Therapieansätzen für Herzerkrankungen entwickeln, die Genmanipulation mittels der Genschere CRISPR-Cas nutzen.
Alessandra Moretti ist Professorin für Regenerative Medizin kardiovaskulärer Erkrankungen. Ihre Forschung wurde bereits mit einem ERC Advanced Grant gefördert. Aus diesem Projekt mit dem Titel BIOCARD gingen unter anderem die Herz-Organoide hervor.
Proof of Concept Grant: PD Dr. Jennifer Altomonte
Während prophylaktische Impfungen davor schützen, krank zu werden, sollen therapeutische Impfungen das Immunsystem anregen, eine bestehende Erkrankung zu bekämpfen. In ihrem Projekt DCanVAX will Privatdozentin Dr. Jennifer Altomonte einen neuen Ansatz für therapeutische Impfungen gegen Krebs verfolgen. Altomonte und ihr Team nutzen dabei maßgeschneiderte Viren, um Immunzellen zu „trainieren“. Zu diesem Zweck werden Tumorzellen entnommen und mithilfe der Viren zerstört. Zurück bleibt immunstimulierendes Lysat, eine Lösung in der die Gesamtheit der Tumorantigene, also der Moleküle anhand derer das Immunsystem die Krebszellen erkennen kann, ebenso enthalten ist wie eine ganze Reihe von Zytokinen. Nun deaktivieren die Forschenden das Virus und nutzen das Lysat, um vorher entnommene Immunzellen der Erkrankten, genauer: dendritische Zellen, zu aktivieren um ihnen beizubringen, die Krebszellen zu erkennen. Dann, so die Idee, können sie als personalisierte Impfung wieder in den Körper gegeben werden, um eine Immunreaktion gegen den Krebs auszulösen.
PD Dr. Jennifer Altomonte leitet eine Forschungsgruppe an der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II des Klinikums rechts der Isar der TUM. Ihre Forschung zu tumorspezifischen Viren wurde bereits mit einem ERC Starting Grant gefördert.
Proof of Concept Grant: Prof. Dr. Frank Pollmann
Quantencomputer können bestimmte Aufgaben effektiver ausführen als herkömmliche klassische Computer. Aktuelle Quantencomputer und vermutlich auch die Modelle der nahen Zukunft sind jedoch noch stark eingeschränkt - beispielsweise durch die Kopplung mit der Umgebung und auch durch die begrenzte Anzahl an “qubits". Um diese Quantencomputer trotz der Limitierungen effizient nutzen zu können, werden für die Berechnungen Algorithmen benötigt, die spezifisch für den jeweiligen Quantencomputer geschrieben sein müssen. In seinem Projekt QTEngine will Frank Pollmann ein auf sogenannten "Quanten-Tensor-Netzwerken" basiertes Software-Paket erstellen, das unabhängig von verwendeten Plattformen die Basis für Operationen wie Quantensimulationen und Quantum-Machine-Learning bildet. So soll der Umgang mit Quantencomputern für Forschende aber auch für kommerzielle Entwickler erleichtert werden.
Frank Pollmann ist Professor für Theoretische Festkörperphysik an der TUM. Der ERC hat seine Forschung bereits mit einem Consolidator Grant gefördert. Prof. Pollmann iost Mitglied im Exzellenzcluster MCQST.
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