Nach Bypass-OP: Beschichtete Stents langfristig nicht besser als unbeschichtete
Medikamenten-Schicht hilft nur kurzfristig
„Die Ergebnisse der Studie haben uns sehr überrascht“, sagt Dr. Robert Byrne, Stellvertretender Direktor der Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen am Deutschen Herzzentrum München, Klinik an der Technischen Universität München (TUM). Denn im ersten Jahr nach der Wiedereröffnung sind die Medikamenten-beschichteten Stents (drug eluting stents, DES) den unbeschichteten Metallstents (bare metal stents, BMS) deutlich überlegen: In den Bypässen, für die häufig Venen der Patientinnen und Patienten verwendet werden, treten wesentlich weniger erneute Gefäßverschlüsse auf. Doch dieser Vorteil geht in den folgenden Jahren verloren.
Wenn sich ein Bypass verschließt, wird aufgrund des OP-Risikos meistens nicht noch einmal ein Bypass gelegt, sondern das verschlossene Gefäß mit einem Katheter wiedereröffnet und mit einem Stent versehen. Der Stent stabilisiert das Gefäß und soll seinen erneuten Verschluss verhindern. Die Aussagekraft bisheriger Studien zur Frage welche Stent-Art langfristig in Venen-Bypässen besser funktioniert, ist begrenzt, da sie nur relativ kleine Patientengruppen untersuchten und auch die Dauer der Studien zu kurz war. „Doch wir müssen wissen, wie es den Patienten auch in den folgenden Jahren nach der Wiedereröffnung des Bypasses geht“, verdeutlicht Robert Byrne. „Schließlich leben sie ja noch mehrere Jahre.“ In der Studie wurden deshalb 610 Patienten über fünf Jahre beobachtet, von denen 307 einen Bypass mit einem unbeschichteten Stent und 303 einen Venen-Bypass mit einem Medikamenten-freisetzenden Stent hatten.
Unterschiede zu natürlichen Gefäßen
Die Ergebnisse der Studie unterscheiden sich deutlich von Daten, die aus langfristigen Beobachtungen von Stents in natürlichen Herzkranzgefäßen vorliegen. Dort treten mit den Medikamenten-beschichteten Stents auch in den fünf Jahren nach der Wiedereröffnung weniger Gefäßverschlüsse auf. Ein Grund für die abweichenden Ergebnisse in Bypässen und natürlichen Blutgefäßen könnte die unterschiedliche Wandstruktur in Venen und Arterien sein. Für Bypässe wird meistens ein Stück aus der Beinvene verwendet. Bei den verengten Herzkranzgefäßen handelt es sich um Arterien. Dadurch reagieren Bypässe und natürliche Gefäße anders auf einen Stent.
Zudem ist der Durchmesser der Arterien üblicherweise kleiner als der eines Venen-Bypasses und Medikamenten-beschichtete Stents haben vor allem in Gefäßen mit einem geringen Durchmesser klare Vorteile gezeigt. „Es hätte deshalb auch sein können, dass wir in Venen-Bypässen gar keinen Vorteil der beschichteten Stents sehen“, so Byrne.
Empfehlung ändert sich nicht
Bezüglich der Patienten-Sicherheit – gemessen durch die Rate der Todesfälle oder Herzinfarkte – konnten die Wissenschaftler keine Unterschiede zwischen den beiden Stent-Typen beobachten. „Wir empfehlen den Patienten mit einem verschlossenem Venen-Bypass auch weiterhin einen beschichteten Stent. Denn der Vorteil im ersten Jahr ist deutlich und überwiegt die vergleichsweise geringfügigen Nachteile in den Folgejahren“, sagt Byrne. „Aber ich finde es wichtig, dass unsere Patienten über die langfristigen Ergebnisse informiert sind.“
Mittlerweile gibt es eine neue Generation von Medikamenten-beschichteten Stents. Aufgrund der Erfahrungen mit den Vorläufer-Modellen ist bei ihnen die Medikamenten-Dosis angepasst. Außerdem sind ihre Streben dünner, sodass es zu weniger Gefäßverletzungen kommt und ihre Polymer-Beschichtungen sind besser verträglich. Deshalb planen Byrne und seine Kollegen eine neue Studie, in der sie die langfristige Wirkung dieser neuen DES mit denen der unbeschichteten Stents in Venen-Bypässen vergleichen.
Publikation:
Colleran, R., Kufner, S., Mehilli, J., Rosenbeiger, C., Schupke, S., Hoppmann, P., Joner, M., Mankerious, N., Fusaro, M., Cassese, S., Abdel-Wahab, M., Neumann, F. J., Richardt, G., Ibrahim, T., Schunkert, H., Laugwitz, K. L., Kastrati, A., Byrne, R. A. & ISAR-CABG Investigators . “Efficacy over Time with Drug-Eluting Stents in Saphenous Vein Graft Lesions”. Journal of the American College of Cardiology 71, 1973-1982, (2018). DOI:10.1016/j.jacc.2018.03.456
Kontakt:
Dr. Robert A. Byrne
Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen
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Technische Universität München
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