• 13.6.2018

Elektroautos: Keine Einschränkungen für Menschen mit Herzschrittmachern

Schrittmacher auf dem Rollenprüfstand

Menschen mit Herzschwäche oder Herzrhythmusstörungen wird oft ein Herzschrittmacher oder ein Defibrillator eingesetzt. Diese sind anfällig für elektromagnetische Interferenzen, die auch in Elektroautos potenziell auftreten können. Ein Team um Dr. Carsten Lennerz, Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) am Deutschen Herzzentrum München, hat überprüft, ob von heutigen Elektroautos eine Gefahr für Patienten ausgeht – mit beruhigendem Ergebnis.

Ein Elektroauto auf dem Rollenprüfstand der Technischen Universität München.
Auf dem Rollenprüfstand der Technischen Universität München wurde untersucht, wie sich E-Autos auf Herzschrittmacher auswirken. (Bild: privat / DZHK)

„Wir wollten eine sichere Datengrundlage für Menschen mit Herzschrittmachern und Defibrillatoren schaffen, vor allem um unnötige Restriktionen zu vermeiden“, sagt Dr. Carsten Lennerz, Funktionsoberarzt in der Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen des Deutschen Herzzentrums an der Technischen Universität München (TUM). Schließlich würden Elektroautos zunehmend für den öffentlichen und privaten Transport eingesetzt. Deshalb hat er mit Patienten überprüft, welche Auswirkungen die elektromagnetischen Felder eines Elektroautos auf ihre implantierten elektrischen Herzgeräte (kurz CIEDs für cardiac implantable electronic devices) haben.

Gefährliche Fehlinformationen

Befürchtete Komplikationen sind etwa, dass die CIEDs durch das elektromagnetische Feld Signale wahrnehmen, die nichts mit dem Herzschlag zu tun haben und daraufhin falsch reagieren. Zum Beispiel könnte ein Herzschrittmacher Signale empfangen, die einen Herzschlag vortäuschen, woraufhin das Gerät fälschlicherweise aussetzen würde. Das Herz des Patienten würde dann nicht mehr ausreichend bei seiner Pumparbeit unterstützt. Defibrillatoren könnten auch fälschlicherweise Schocktherapien abgeben, falls das elektromagnetische Feld als Kammer-Rhythmusstörung fehlinterpretiert würde.

Außerdem wird diskutiert, dass elektromagnetische Felder die implantierten elektrischen Herzgeräte umprogrammieren könnten. Die Studie mit 108 Trägern von Herzschrittmachern oder Defibrillatoren gab DZHK-Wissenschaftler Lennerz und seinen Kollegen jedoch keinen Hinweis darauf, dass die Funktion der implantierten Geräte durch Elektroautos gestört wird. Dabei haben sie Elektroautos von vier unterschiedlichen Herstellern untersucht, deren Modelle einen großen Marktanteil haben.

Untersuchung bei Maximaler Leistung

Anders als in vorausgegangenen Studien, bei denen die Autos bei laufendem Motor lediglich angehoben wurden, fuhren die Patienten bei dieser herstellerunabhängigen Studie mit den Elektroautos auf einem Rollenprüfstand der Technischen Universität München. So wollten die Wissenschaftler sicherstellen, dass die Motoren auch tatsächlich die maximale Leistung erbringen.

Während der Fahrt auf dem Rollenprüfstand wurde bei den Probanden ein Elektrokardiogramm (EKG) aufgezeichnet, um eventuelle, durch elektromagnetische Interferenzen ausgelöste Abweichungen der Schrittmacher- oder Defibrillatorfunktion zu registrieren. Außerdem wurde auch die Stärke des elektromagnetischen Feldes gemessen und mit Messwerten verglichen, die beim Fahren auf der Straße aufgezeichnet wurden. Damit konnten die Forscher zeigen, dass auf dem Rollenprüfstand die gleichen elektromagnetischen Felder wirken wie im Straßenverkehr.

Stärkste Felder beim Ladevorgang

Die stärksten elektromagnetischen Felder maßen Lennerz und seine Kollegen, wenn die Patienten die Autos aufluden. „Die Autos sind innen so ausgestattet, dass die Insassen gut abgeschirmt sind. Deshalb ist das Aufladen der kritischere Moment“, erläutert Lennerz. Aber auch dann traten keine Wechselwirkungen mit den CIEDs auf. „Obwohl unsere Untersuchungen zeigen, dass Fehlfunktionen sehr unwahrscheinlich sind, kann man keine dauerhafte Entwarnung geben“, sagt Lennerz. Schließlich entwickelten sich die Elektroautos und die Ladetechnik immer weiter, sodass dann neue Untersuchungen nötig wären. Aber mit den derzeitigen Modellen können laut dem Münchener Wissenschaftler auch Patienten mit Herzschrittmachern und Defibrillatoren Elektroautos ohne Angst benutzen.

Publikation:

C. Lennerz, M. O'Connor, L. Horlbeck, J. Michel, S. Weigand, C. Grebmer, P. Blazek, A. Brkic, V. Semmler, B. Haller, T. Reents, G. Hessling, I. Deisenhofer, P. Whittaker, M. Lienkamp, C. Kolb. "Electric Cars and Electromagnetic Interference With Cardiac Implantable Electronic Devices: A Cross-sectional  Evaluation".  Annals of Internal Medicine. 2018. DOI: 10.7326/M17-2930

Kontakt:

Dr. Carsten Lennerz
Deutsches Herzzentrum München
Technische Universität München
lennerzspam prevention@dhm.mhn.de

Technische Universität München

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