• 26.7.2017

Hochauflösender Ringlaser in Fürstenfeldbruck eingeweiht

Von Bayern aus die Drehbewegungen der Erde bestimmen

Mit einem neuen Ringlaser können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Rotationsbewegungen der Erde weit genauer und detaillierter vermessen als bisher. Am vergangenen Freitag wurde die Anlage in Fürstenfeldbruck eingeweiht.

Der Ringlaser in der Bauphase.
Der Ringlaser in der Bauphase. (Foto: Geophysikalisches Observatorium) Eingebundenes Video von "Science" (in Englisch).

Mithilfe eines lokalen Messgeräts die minimalen Unterschiede in der Bewegung der Erde bestimmen zu können und damit eine neue Messmethode für die Geodäsie zu etablieren – dieses Ziel verfolgt der Laserphysiker Prof. Ulrich Schreiber von der Technischen Universität München (TUM) schon seine gesamte Karriere. Schreiber ist Leiter der Gruppe "Optische Technolgien" am Geodätischen Observatorium in Wettzell. Heiner Igel, Professor für Seismologie an der Ludwig-Maximilians-Universität, will Bodenbewegungen noch detaillierter bestimmen können. Ideale Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit, die bereits seit 2001 besteht. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Der Ringlaser ROMY (Rotational Motions in Seismology), wurde nun in Fürstenfeldbruck eingeweiht. Der neue Ringlaser, so schreibt das Wissenschaftsmagazin "Science", sei das "weltweit raffinierteste" Gerät seiner Art.

Das hunderte Kubikmeter große Präzisionsgerät, das im Boden versenkt wurde, soll die Rotationsbewegungen der Erde so detailliert vermessen, wie keine andere Maschine es bislang kann. Denn die Erde ist ständig in Bewegung; sie wandert um die Sonne und dreht sich dabei um die eigene Achse. Doch dieser Kurs ist nicht immer gleich, er zeigt minimale Abweichungen. Ein wenig eiert die Erde wie ein Kreisel: Die Achse schwankt leicht, der Drive ist nicht konstant. Starke Winde in der Atmosphäre, die Meeresströmungen und Magmabewegungen im Erdinneren zerren am Globus, Erdbeben rütteln ihn durch.

Messergebnisse in Sekundenschnelle

"Diese Einflüsse können nicht modelliert werden", erklärt Schreiber. "Wir müssen sie messen." Jedes GPS-System arbeitet zum Beispiel auf Dauer nur erfolgreich, wenn solche Abweichungen in die Positionsbestimmung einfließen. Die derzeit gängige Methode dafür ist die sogenannte Langbasisinterferometrie (VLBI), bei der mit einem weltweiten Netz aus Radioteleskopen Quasare in den Tiefen des Universums, Millionen von Lichtjahren entfernt, als Fixpunkte nutzen, um die Lage der Erde im Raum zu bestimmen. Doch sie ist aufwendig und liefert Ergebnisse erst um Tage zeitverzögert. Auch ist die Methode auf die Fixpunkte im Weltall angewiesen. Der Münchner Ringlaser, so hoffen die Wissenschaftler, könnte sich als mindestens ebenso genau, aber deutlich schneller erweisen. Die Messergebnisse sollen in Sekundenschnelle vorliegen. "Ein Ziel ist es, die beiden Methoden zu verbinden und die jeweiligen Vorteile nutzen zu können."

Im Ringlaser wird das Prinzip des Laserkreisels oder Gyroskops genutzt. Dieses wird in Flugzeugen eingesetzt, um ihre Lage auch bei schlechter Sicht stabil zu halten. "Das Flugzeug kann sich über drei Achsen bewegen", erklärt Schreiber. Über die Querachse, wenn sich die Nase des Flugzeugs hebt oder senkt, die Hochachse bei einer Drehung der Nase nach links oder rechts, und die Längsachse wenn sich ein Flügel hebt und der andere senkt.

Die Erde als Flugzeug

Auch die Erde bewegt sich in drei Richtungen. Sie ist sozusagen das Flugzeug, allerdings ein ziemlich großes. "Wenn man dieses Prinzip anwenden will, um die ungleichmäßigen Bewegungen der Erde zu messen, muss das Instrument millionenfach empfindlicher sein als die Flugzeuggyros." In seiner Habilitationsarbeit entwarf Schreiber zusammen mit Kollegen der neuseeländischen University of Canterbury ein solches Instrument. Ende der 90er Jahre ging auf dem Gelände des Geodätischen Observatoriums Wettzell, das von der TU München und dem Bundesamt für Kartographie und Geodäsie betrieben wird, der weltweit stabilste Ringlaser in Bau.

Das Prinzip funktioniert stark vereinfacht so: Zwei Lichtstrahlen durchlaufen in entgegengesetzten Richtungen eine quadratisch angeordnete Bahn mit Spiegeln in den Ecken, die in sich geschlossen ist (daher die Bezeichnung Ringlaser). Dreht sich eine solche Apparatur, hat der Laserstrahl in der Drehrichtung einen längeren Weg als der gegenläufige. Die Strahlen passen daraufhin ihre Wellenlänge an, die optische Frequenz ändert sich. Aus dieser Differenz kann man auf die Drehgeschwindigkeit schließen. In Wettzell dreht sich nicht der Ringlaser selbst, sondern nur die Erde. Die vier mal vier Meter lange Konstruktion ist in einem massiven Betonpfeiler verankert, der wiederum in rund sechs Metern Tiefe auf massiven Fels der Erdkruste gegründet ist, damit ausschließlich die Erdrotation auf die Laserstrahlen wirkt.

Wie die Drehung der Erde das Licht beeinflusst, ist abhängig vom Standort des Lasers: "Stünden wir am Pol, wären Drehachse der Erde und Drehachse des Lasers identisch und wir würden die Drehgeschwindigkeit eins zu eins sehen", erklärt Schreiber. "Am Äquator dagegen würde der Lichtstrahl gar nicht merken, dass sich die Erde dreht." Die Wissenschaftler müssen deshalb die Position des Wettzeller Lasers auf dem 49. Breitengrad berücksichtigen. Ändert sich nun die Achse der Erdrotation, ändert sich auch das, was die Forscher von der Drehgeschwindigkeit sehen. Die Veränderungen im Verhalten des Lichts zeigen also die Schwankungen der Erdachse an.

Die Einweihung ist erst der Anfang

Zufrieden waren die Wissenschaftler mit dem Ergebnis noch nicht. Der Wettzeller Ringlaser besteht aus einer Komponente und kann daher nur die Bewegung der Erde entlang einer Achse bestimmen. Um alle drei Raumrichtungen abzudecken, besteht der neue Ringlaser statt aus einen quadratischen Ring aus vier großen dreieckigen Lasern mit einer Kantenlänge von zwölf Metern, die zueinander in der Form eines Tetraeders angeordnet sind.

Bevor der Bau starten konnte, hatten die Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit der University of Canterbury bereits einen einfachen Prototyp gebaut. Die größte Herausforderung bei der Entwicklung der Ringlaser ist es, eine hohe Auflösung und gleichzeitig eine hohe Stabilität zu erreichen, erklärt Schreiber. "Wir kamen dabei von einer Einsicht zur nächsten." Auch die Einweihung des neuen Ringlasers ROMY, eine Einrichtung der LMU, stellt wieder den Anfang von weiteren Optimierungen dar. Denn jetzt können die Wissenschaftler testen, wie gut die Messungen der einzelnen Komponenten zueinander passen und wie stabil sie relativ zueinander sind.

Kontakt:

Prof. Ulrich Schreiber 
Technische Universität München      
Forschungseinrichtung Satellitengeodäsie
Tel.: +49 9941 603113                 
schreiber@fs.wettzell.de 

Weitere Informationen:

Technische Universität München

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