• 27.4.2015

Studie untersucht Auswirkungen der stofflichen und energetischen Holznutzung

Bauholz oder Brennstoff? Konkurrenz um Holz verschärft sich

Holz erfreut sich zunehmender Beliebtheit, nicht nur als Material für den Hausbau: Immer mehr Privathaushalte und Kommunen heizen mit Holz. Damit steigt auch die Konkurrenz um den begehrten Rohstoff. Ein Forschungsteam hat jetzt für die Region Bayern untersucht, welche wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Folgen der "Run aufs Holz" nach sich ziehen könnte.

Mit steigenden Ölpreisen wird der Rohstoff "Holz" knapp.
Mit steigenden Ölpreisen wird der Rohstoff "Holz" knapp. (Foto: R. Rosin / TUM)

Das Jahr 2010 markierte einen Wendepunkt für die Holzwirtschaft. Erstmals seit den Kriegsjahren wurde in Deutschland mehr Holz energetisch, beispielsweise für Wärme und Strom, als stofflich, beispielsweise als Baumaterial, Holzwerkstoff oder in der Papierindustrie, genutzt. Grund für die vermehrte Nachfrage nach Holz als Energieträger waren zum einen der gestiegene Erdölpreis, zum anderen die staatliche Förderung von Holzenergie.

In ihrer Studie haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler* unter der Leitung der Technischen Universität München (TUM) anhand von drei Erdölpreis-Szenarien** untersucht, wie sich Holzaufkommen und -nachfrage in Bayern bis 2035 entwickeln und welche Auswirkungen sich daraus ergeben könnten. Ziel war es, detaillierte Kenntnisse über eine effiziente und nachhaltige Nutzung des Rohstoffes Holz bereitzustellen, um damit Entscheidungen auf politischer und betrieblicher Ebene zu unterstützen.

Als ein wichtiges Fazit nennt Prof. Klaus Richter, Leiter der Holzforschung München an der TUM die ökologischen Vorteile durch mehrstufige Nutzung von Holz: "Wenn man Holz zunächst als Baumaterial, und erst zum Schluss als Brennholz nutzt, lassen sich günstige ökologische Effekte erzielen: Konstruktionsholz ist ein wichtiger, dauerhafter Kohlenstoff-Speicher. Daher sollte die Nutzung von Holz als Baustoff die primäre Verwertungsschiene sein."

Mit steigendem Erdölpreis wird Holz knapp

In den beiden Preisanstiegs-Szenarien** sinkt die Holzernte im Vergleich zum Basisszenario, weil Waldbesitzer – ähnlich wie Aktionäre – zunächst auf bessere Preise warten, bis sie ihr Holz auf den Markt bringen. Anteilig verkaufen die Waldbesitzer mit steigendem Ölpreis ihre Holzsortimente vermehrt als Energieholz und weniger als Industrieholz für Holzwerkstoffe oder Papier. Zudem wächst mit steigendem Ölpreis der Gesamtbedarf an Holzenergie. 

In den Szenarien wird also deutlich, dass Holz insgesamt knapp wird: Um den Energieholz-Bedarf zu decken, sind deshalb höhere Pellets-Importe erforderlich. Der Anteil der energetischen Nutzung von bayerischem Holz steigt von 46 Prozent bei gleichbleibendem Ölpreis auf 54 Prozent bei einem Preisanstieg auf das Doppelte. 

Dagegen kommt es bei der stofflichen Verwertung von bayerischem Holz teilweise zum Rückgang bei Kapazität und Produktion - auch wenn die verarbeitende Industrie technische Neuerungen einführt oder die Auslastung reduziert. Das geringere Produktangebot für die stoffliche Nutzung müsste durch Holzproduktimporte oder Ersatz aus Nicht-Holzprodukten gedeckt werden.

Was ist nachhaltiger: Mit Holz bauen oder heizen?

In ihrer Studie betrachteten die Wissenschaftler die Holznutzung als ein System, wie Projektleiterin Prof. Gabriele Weber-Blaschke erläutert: "Die Frage, ob eine Holzheizung oder ein Holzhaus nachhaltiger ist, lässt sich nicht beantworten. Denn beide sind Teil der gleichen Rechnung - Beispiel: Wenn wir alles verfügbare Holz verheizen würden, müssten wir beim Hausbau den nachwachsenden Rohstoff durch weniger nachhaltige Materialien wie Stahl oder Ziegel ersetzen."

Verschiebt sich also die Holznutzung vom Referenzjahr 2010 in Zukunft weiter in Richtung energetische Nutzung, muss man in die Gesamtbilanz auch Importe oder Substitutionsprodukte einrechnen und deren ökologische, ökonomische und soziale Auswirkungen berücksichtigen.

Günstige Kohlenstoffbilanz mit Holz als Baumaterial

In ihrer Nachhaltigkeitsberechnung zeigen die Autoren, dass mit dem Einsatz von Nicht-Holz-Alternativen wie Stahl oder Beton im Bauwesen mehr Treibhausgase freigesetzt werden. Da die Holzenergie jedoch fossile Brennstoffe ersetzt, bleibt der Ausstoß von Klimagasen insgesamt annähernd gleich. Die Feinstaubbelastung steigt jedoch, wenn mehr Holz verbrannt wird. Dabei ließ jedoch nicht ermitteln, wie eine geringere stoffliche Nutzung diese Emissionen beeinflusst. 

Da in den Szenarien bei steigenden Erdöl- und Holzpreisen weniger Holz genutzt wird, nimmt der Kohlenstoff-Speicher im Wald zu. Allerdings haben zwei andere Effekte einen noch größeren Einfluss auf die Kohlenstoffbilanz: Erstens der in Holzprodukten gebundene Kohlenstoff; zweitens die Verwendung von Holz anstelle fossiler Brennstoffe und energieintensiver Materialien, zum Beispiel Beton und Stahl. 

Am Beispiel des Clusters Forst und Holz in Bayern errechneten die Autoren, dass die dauerhafte Kohlenstoff-Speicherung einen volkswirtschaftlichen Nutzen von bis zu 150 Millionen Euro im Jahr erbringt, wenn man derzeitige Preise im CO2-Emissionshandel ansetzt. 

Mehr Arbeitsplätze im Energieholz-Sektor

Am Arbeitsmarkt ist in den Szenarien ein Stellenzuwachs im Energieholz-Sektor zu erwarten, zum Beispiel im Energieholzeinschlag und in der Holzaufbereitung sowie der Logistik, während die Anzahl der Beschäftigten in der Säge-, Werkstoff- und Papierindustrie sowie im Druckgewerbe zurückgehen könnte. Insgesamt gehen mehr Arbeitsplätze verloren, als durch den Ausbau der Energiegewinnung aus Holz entstehen würden. 

Zudem muss bei der Verwertung von Holz auch der Umbau von Wäldern berücksichtigt werden. Denn um das Ökosystem Wald vielfältiger und widerstandsfähiger zu machen, erhöhen Forstwirte in Bayern den Anteil an Laubbäumen, vor allem der Buche. Dieser ist seit 2002 um 7 Prozent gestiegen. "Allerdings", gibt Richter zu bedenken, "ist Fichte wegen ihrer Eigenschaften das bevorzugte Holzmaterial für das Bauwesen. Für das Laubstammholz müssen daher erst neue Verwendungsmöglichkeiten geschaffen werden." 

* Das Forschungsprojekt wurde vom Lehrstuhl für Holzwissenschaft (Koordination) und dem Fachgebiet für Waldinventur und nachhaltige Nutzung der Technischen Universität München, dem Fachbereich Holzenergie der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft durchgeführt. 

** Die Studie betrachtet drei Preisszenarien im Zeitraum 2010 - 2035. Basis-Szenario A0: gleichbleibende Erdölpreisentwicklung; Szenario A50 1,5-fache Erdölpreissteigerung, Szenario A100: doppelte Erdölpreissteigerung 

Mehr Informationen:

Kontakt: 

Technische Universität München
Lehrstuhl für Holzwissenschaft, Holzforschung München
Prof. Dr. Gabriele Weber-Blaschke, Prof. Dr. Klaus Richter
Tel.: +49 8161 71-5635 bzw. +49 89 2180-6421
weber-blaschkespam prevention@hfm.tum.de
richterspam prevention@hfm.tum.de

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