Deutschland erstmals in allen drei Bereichen der PISA-Studie deutlich über OECD-Durchschnitt
PISA 2012: Leistungssteigerung in Mathematik, Naturwissenschaften und Lesen
„Die Leistungssteigerung bei den Schülerinnen und Schülern ist beachtlich“, sagt Prof. Manfred Prenzel, der Leiter der aktuellen PISA-Studie. „Unsere 15-Jährigen heute sind mit ihrem Wissen und Können ein Schuljahr weiter als ihre Altersgenossen von damals.“
Mit PISA 2012 wird die fünfte Erhebungsrunde des Programme for International Student Assessment (PISA) bezeichnet, die im Sommer 2012 stattfand. Die Studie wird international von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) koordiniert und in Deutschland im Auftrag der Ständigen Konferenz der Kultusminister in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) durchgeführt. Auf nationaler Ebene wurde PISA 2012 vom Zentrum für Internationale Bildungsvergleichsstudien (ZIB e. V.) an der Technischen Universität München (TUM) koordiniert. Die Leitung lag bei Prof. Manfred Prenzel, der auch die PISA-Studie 2015 durchführen wird.
Der Schwerpunkt von PISA 2012 richtete sich auf die Mathematik, wie zuletzt bei PISA 2003. Daneben wurde das Wissen und Können der 15-jährigen Schülerinnen und Schüler in den Bereichen Lesen und Naturwissenschaften erfasst. An den Tests nahmen in Deutschland 5001 Schülerinnen und Schüler an 230 Schulen teil. Die Stichprobe ist repräsentativ für Deutschland.
Mathematik: Deutlich weniger besonders schwache Schüler
Die Schülerinnen und Schüler in Deutschland zeigen im Mathematiktest überzeugende Leistungen. Sie erreichen 514 Punkte und übertreffen den OECD-Durchschnitt (494 Punkte) signifikant um 20 Punkte. Gegenüber PISA 2003 bedeutet dies wieder eine bedeutsame Verbesserung. Vor allem ist es gelungen, den Anteil besonders schwacher Schülerinnen und Schüler deutlich zu verringern (17,7 Prozent gegenüber 23 Prozent in den OECD-Staaten). Auch im oberen Leistungsbereich übertrifft Deutschland den OECD-Durchschnitt, könnte dort aber im Vergleich zu herausragenden Staaten noch weitere Fortschritte machen. Innerhalb der OECD zählt Deutschland inzwischen zu den „Top Ten“ im Mathematiktest, allerdings erreichen einige Partnerstaaten (Shanghai, Singapur, Hongkong) im asiatischen Raum noch deutlich höhere Werte.
Besonders hervorzuheben ist, dass die Leistungszuwächse in Deutschland keineswegs mit negativen Nebenwirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung und das Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler verbunden sind. Im OECD-Vergleich zeichnen sich die Schülerinnen und Schüler durch großes Selbstvertrauen in ihre mathematische Fähigkeit und Wirksamkeit sowie eine geringe Ängstlichkeit in Bezug auf Mathematik aus. Die Schülerinnen und Schüler fühlen sich an den Schulen sozial sehr gut eingebunden. Sie wünschen sich allerdings mehr Unterstützung im Unterricht durch ihre Lehrkräfte.
Naturwissenschaften: Weitere Fortschritte auf hohem Niveau
Im Bereich Naturwissenschaften konnten über die bisherigen PISA-Runden die größten Fortschritte für Deutschland verzeichnet werden. Dies bestätigt sich auch in PISA 2012. Mit 524 Punkten übertreffen die Jugendlichen in Deutschland den OECD-Durchschnitt (501 Punkte) deutlich. Im Vergleich zum OECD-Mittel schneiden in Deutschland wesentlich weniger Jugendliche im unteren Leistungsbereich ab.
Lesen: Deutschland erstmals besser als OECD-Durchschnitt
Im Vergleich zur Mathematik und zu den Naturwissenschaften hatte sich die Lesekompetenz in Deutschland bisher weniger stark entwickelt. In PISA 2012 zählt Deutschland nun erstmals auch in diesem Bereich zu der Gruppe der Staaten, die den OECD-Durchschnitt signifikant übertrifft. Der Anstieg der Testwerte von PISA 2000 (484 Punkte) bis PISA 2012 (508 Punkte) belegt ebenfalls große Fortschritte in den letzten Jahren. Auch in diesem Bereich konnte in Deutschland der Anteil der besonders leistungsschwachen Schülerinnen und Schüler deutlich verringert werden; allerdings ist der Anteil mit 14,5 Prozent noch immer hoch.
Herkunftsbedingte Unterschiede abgeschwächt
Die Ergebnisse aus PISA 2012 belegen, dass die Verbesserung der Kompetenzen keineswegs auf Kosten der Schülerinnen und Schüler aus sozioökonomisch schlechter gestellten Elternhäusern erfolgte. Vielmehr hat diese Gruppe ihre Leistungen beträchtlich gesteigert. Auf diese Weise konnten herkunftsbedingte Disparitäten deutlich abgeschwächt werden. Die Kopplung zwischen Herkunft und Kompetenz liegt nun im Bereich des OECD-Durchschnitts. Es gibt inzwischen eine Reihe von Staaten (z. B. Frankreich oder Neuseeland), in denen der Zusammenhang stärker ausgeprägt ist als in Deutschland. Allerdings müssen in Deutschland noch weitere Anstrengungen unternommen werden, um die Konstellation zu erreichen, die besonders erfolgreiche Staaten auszeichnet: nämlich ein hohes Kompetenzniveau bei geringer Kopplung an die soziale Herkunft.
Auch in PISA 2012 erzielen 15-Jährige mit Zuwanderungshintergrund in Deutschland durchschnittlich niedrigere Kompetenzwerte im Bereich Mathematik als 15-Jährige ohne Zuwanderungshintergrund. Die Abstände haben sich seit PISA 2003 aber deutlich verringert. Bemerkenswert ist, dass die Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte in Deutschland im Mittel 485 Punkte erreichen und damit nur mehr 9 Punkte unter dem OECD-Mittelwert aller 15-Jährigen liegen. Die Jugendlichen mit Zuwanderungshintergrund in Deutschland erreichen damit das Leistungsniveau aller Schülerinnen und Schüler zum Beispiel in den USA (481) oder in Schweden.
Weitere Anstrengungen in Schulentwicklung notwendig
Insgesamt freut sich das Nationale Projektmanagement, mit PISA 2012 sehr positive Befunde für Deutschland berichten zu können. Die an dem Bericht mitwirkenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TU München und der weiteren ZIB-Partner vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF, Frankfurt) und dem Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN, Kiel) finden zahlreiche Belege dafür, dass die seit PISA 2000 ergriffenen Maßnahmen zur Weiterentwicklung von Unterricht und Schule Wirkung zeigen. Sie verweisen insbesondere auf die Einführung von Bildungsstandards und Schulevaluationen. Zur positiven Entwicklung in der Mathematik hat zudem die verbesserte Qualität von Aufgaben und Unterrichtsansätzen beigetragen, die auf der neueren empirischen Forschung beruht.
Die bisher erfreuliche positive Entwicklung an den Schulen in Deutschland wird aber nur durch weitere Anstrengungen in der Qualitätssicherung sowie in der Unterrichts- und Schulentwicklung fortgeführt werden können.
Vollständige Studie PISA 2012:
www.pisa.tum.de
Kontakt:
Prof. Dr. Manfred Prenzel
Zentrum für Internationale Bildungsvergleichsstudien an der Technischen Universität München
Tel: +49 151 53 92 33 52
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