• 20.6.2013

Fahrzeuge informieren sich gegenseitig – Feldversuch mit 500 Testern

Vernetzte Autos machen Verkehr sicherer und effizienter

Fahrzeuge und Infrastruktur, die sich austauschen und die Fahrer über Gefahren und Verkehrslage informieren, machen den Verkehr sicherer und effizienter. Diesen Nachweis hat einer der größten Feldversuche zur sogenannten Car-to-X-Kommunikation erbracht. Unternehmen, Forschungsinstitute und öffentliche Einrichtungen testeten das gemeinsam entwickelte System sim<sup>TD</sup> mit 500 Versuchsfahrern im laufenden Verkehr. Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) simulierten, wie sich der Verkehr entwickeln würde, wenn alle Fahrzeuge mit der Technik ausgestattet wären. Demnach geht das Konsortium von einem möglichen volkswirtschaftlichen Nutzen von mehr als 11 Milliarden Euro pro Jahr aus. Als erste Funktion soll ab 2015 die Baustellenwarnung in einem Korridor von Rotterdam bis Wien eingeführt werden.

Autos warnen sich gegenseitig vor Gefahren.
Achtung! Autos warnen sich gegenseitig vor Gefahren. (Bild: simTD)

Das System des Projekts „Sichere Intelligente Mobilität – Testfeld Deutschland (simTD)“ vernetzt Fahrzeuge und die Infrastruktur elektronisch miteinander. Autos und Motorräder sowie an den Straßen installierte Stationen nehmen über Sensoren das Verkehrsgeschehen und äußere Einflüsse wie die Witterung wahr. Mit einer eigens entwickelten Funktechnik, die auf dem WLAN-Standard aufbaut, tauschen sie sich unmittelbar untereinander aus. Außerdem übermitteln sie Informationen anonymisiert an eine Verkehrszentrale, die dann die Entwicklung des Verkehrs prognostiziert und steuert.

Die Fahrer werden mit simTD in die Lage versetzt, deutlich vorausschauender zu fahren. Sie bekommen auf einem Display zum einen Vorschläge für die aktuell günstigste Route und Empfehlungen wie etwa zur optimalen Geschwindigkeit für eine grüne Welle.

Zum anderen werden die Fahrer akustisch und visuell vor drohenden Gefahren gewarnt. Beispielsweise zeigt ein Lichtsignal an, wenn ein vorausfahrendes Auto stark bremst – auch wenn sich zwischen dem bremsenden und dem eigenen Auto mehrere andere Fahrzeuge befinden. So kann der Fahrer schon reagieren, selbst wenn er die Gefahr noch gar nicht sehen kann. Frühzeitig kündigt der Assistent auch Stauenden, Rettungsfahrzeuge oder verlorene Ladung an.

Mehr als die Hälfte der Unfälle an Kreuzungen könnte verhindert werden

Funktioniert dieses System im Alltag? Welche Funktionen werden von den Nutzern akzeptiert? Um das herauszufinden, hat das simTD-Projekt rund 120 Fahrzeuge ein halbes Jahr lang auf Autobahnen, Land- und Stadtstraßen in Hessen geschickt. 500 Versuchsfahrer waren rund 1,6 Millionen Kilometer unterwegs. Die „Drehbücher“ mit verschiedenen Szenarien des Feldversuchs wurden maßgeblich von Verkehrstechnikern der TU München konzipiert. Sie haben auch die gesammelten Daten ausgewertet – mit einem Volumen von mehr als vier Terabyte. Dabei analysierten die Wissenschaftler nicht nur die tatsächlichen Auswirkungen des Versuchs auf das Verkehrsgeschehen in der Testregion. Sie simulierten außerdem, wie sich der Verkehr entwickeln würde, wenn bestimmte Anteile sämtlicher Fahrzeuge mit dem System ausgestattet wären.

„Der Feldversuch hat eindeutig gezeigt, dass das System zu mehr Sicherheit, Effizienz und Komfort im Straßenverkehr führt“, sagt Prof. Fritz Busch vom TUM-Lehrstuhl für Verkehrstechnik. „Aufgrund der Informationen haben die Fahrer Geschwindigkeit und Fahrweise frühzeitiger an die Verkehrslage angepasst. Vor allem in Situationen, in denen versteckte Gefahren lauern, ist der Nutzen der Vernetzung groß.“

Beispielsweise könnte mehr als die Hälfte der Unfälle in Kreuzungsbereichen verhindert werden, wären alle Fahrzeuge mit dem simTD-System ausgestattet. Der Assistent weist Fahrer im Stadtverkehr bereits deutlich vor einer Kreuzung auf Fahrzeuge hin, die sich aus der anderen Straße nähern.

Alle Verkehrsteilnehmer profitieren – auch wenn sie nicht ausgerüstet sind

Selbst wenn nur ein geringer Teil der Autos mit dem System ausgestattet ist, ergeben sich bei einigen Funktionen positive Effekte für alle Verkehrsteilnehmer. Wurden die Versuchsfahrer über nahende Baustellen informiert, drosselten sie ihr Tempo und wechselten gegebenenfalls den Fahrstreifen. Dadurch verringerte sich die Gefahr eines Auffahrunfalls auch für die übrigen Fahrzeuge.

„Die Car-to-X-Technologie ist nun bereit für den Markt“, sagt Projektkoordinator Dr. Christian Weiß. In einem ersten Schritt sind ab 2015 in einem Korridor von Rotterdam über Frankfurt am Main bis Wien die Erfassung der Verkehrslage an Baustellen und entsprechende Warnungen für die Fahrer geplant. Zur weiteren Standardisierung der Technik arbeiten die Projektpartner mit anderen europäischen Fahrzeugherstellern und Behörden zusammen.

Sollten die simTD-Funktionen in sämtlichen Fahrzeugen etabliert werden, rechnen die Projektpartner damit, dass in Deutschland jährlich bis zu 6,5 Milliarden Euro volkswirtschaftliche Kosten vermieden werden können, die durch Unfälle entstehen. Weitere 4,9 Milliarden Euro könnten pro Jahr vor allem durch geringere  Reisezeiten und sinkende Umweltbelastung erzielt werden.

Über simTD:
simTD ist ein Gemeinschaftsprojekt führender deutscher Automobilhersteller, Automobilzulieferer, Kommunikationsunternehmen und Forschungsinstitute. Das simTD-Konsortium besteht aus: Adam Opel AG, AUDI AG, BMW AG - BMW Forschung und Technik GmbH, Daimler AG (Projektleitung), Ford Forschungszentrum Aachen GmbH, Volkswagen AG, Robert Bosch GmbH, Continental Teves AG & Co. oHG, Deutsche Telekom AG, Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V., Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI), Technische Universität Berlin, Technische Universität München, Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes, Universität Würzburg, Hessen Mobil – Straßen- und Verkehrsmanagement, Stadt Frankfurt am Main. Gefördert und unterstützt wird das Projekt durch die Bundesministerien für Wirtschaft und Technologie (BMWi), Bildung und Forschung (BMBF), Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) sowie durch das Land Hessen, den Verband der Automobilindustrie e.V. und das Car 2 Car Communication Consortium.

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Kontakt:
Silja Hoffmann
Technische Universität München
Lehrstuhl für Verkehrstechnik (Prof. Dr. Fritz Busch)
T: +49 89 289 22798
E: silja.hoffmannspam prevention@tum.de
W: http://www.vt.bgu.tum.de

Technische Universität München

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