Student der TUM verbessert Computersimulation für Autoindustrie
Spannungen in Stahl gegossen
Mit seinen Ergebnissen begeistert der Doktorand am Lehrstuhl für Umformtechnik und Gießereiwesen der Technischen Universität München (TUM) von Prof. Dr. Hartmut Hoffmann auch die Industrie: Wasmuth konnte zeigen, dass ein Computerprogramm, das die Spannungen in Werkstücken aus zwei Metallen simuliert, einen wichtigen Faktor nicht berücksichtigt. „Das Programm hat die Spannungen drei Mal höher berechnet, als sie dann tatsächlich waren“, sagt der gebürtige Rheinland-Pfälzer. Denn die Simulation lässt außer Acht, dass der Aluminiumring in Wasmuths Versuchszylinder sich durch Kriechprozesse noch ein wenig an den härteren und sich geringer zusammenziehenden Stahlkern anpasst.
Die Spannungen ermittelte der Doktorand am Instrument Stress-Spec im FRM II an einem Werkstück, das aus zwei in der Industrie verwendeten Aluminium- und Stahllegierungen besteht. Um den bereits fertigen Stahlkern goss er das 710 °C heiße Aluminium. Neutronen, die auf die Atome der Alu- und Stahllegierungen trafen, maßen die Dehnung beim Abkühlen im Atomgitter und ließen so völlig zerstörungsfrei Rückschlüsse auf die Spannung im gesamten Werkstück zu.
Wasmuth beobachtete mit Hilfe des Stress-Spec, dass Spannungen, die einer Last von bis zu 20 Kilogramm pro Quadratmillimeter entsprechen, erst ab einer Abkühl-Temperatur von 350 °C auftraten. „Das Aluminium zieht sich beim Abkühlen doppelt so stark zusammen wie der Stahl“, erklärt der 30-Jährige die Ursache der Spannungen. Sichtbar werden diese enormen Kräfte lediglich durch wenige Hundertstel Millimeter, um die sich die Stahlhülse beim Abkühlen verformt.
Der Gießereiindustrie hat Uwe Wasmuth die Ergebnisse seiner Neutronenmessungen am FRM II schon mehrfach vorgestellt. Nun ist das Interesse groß, ein verallgemeinertes Computer-Modell für den Kriechprozess zu finden, der die Spannungen zwischen den Metallen abschwächt. Denn nur mit genauen Computer-Simulationen, die auch temperaturabhängige Kriechprozesse berücksichtigen, lassen sich die Spannungen in Werkstücken exakt vorhersagen und somit Risse vermeiden.
Der Wissenschaftliche Direktor der Neutronenquelle, Prof. Dr. Winfried Petry, und Zweitprüfer von Wasmuth ist begeistert von der praxisorientierten Doktorarbeit: „Das ist ein sehr schönes Beispiel dafür, dass es selbst für ein so großes Bauteil wie einen Zylinderblock darauf ankommt, wie die einzelnen Atome sich anordnen. Und es belegt den Standortvorteil Deutschland: Wo sonst gibt es solch exzellente Forschungsmöglichkeiten für unsere Industrie?“ Uwe Wasmuth hat mit Hilfe eines Sonderparagraphen in der TUM-Promotionsordnung seine Doktorarbeit begonnen. Seit 2001 bietet die TUM den zehn Prozent besten Fachhochschulabsolventen ihres Faches die Möglichkeit einer Doktorarbeit an. Seitdem streben immer mehr Kandidaten den Doktorgrad an der TUM an. Sie kommen aus dem gesamten Bundesgebiet. Nach seinem überdurchschnittlich guten Fachhochschulabschluss an der FH Aachen musste Wasmuth an der TUM nur noch ein paar Prüfungen nachholen, um zur Doktorarbeit zugelassen zu werden.
Wasmuth beantragt nun Förderungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), um ein Nachfolgeprojekt am TUM-Lehrstuhl für Umformtechnik und Gießereiwesen sowie an der Neutronenquelle FRM II für seine Verbundgussforschungen zu finanzieren. Dieses soll mehrere, verschiedene Verbundwerkstücke mit Neutronen untersuchen, um die Computer-Simulation für Eigenspannungen auf breitere Füße zu stellen und noch zu verfeinern.