60 Jahre Forschung mit Neutronen in Garching
Das Atom-Ei feiert 60. Geburtstag
Die Planung und der Bau des Garchinger Forschungsreaktors fielen in die Zeit des Wiederaufbaus in Deutschland. Nur ein gutes Jahr verging vom Beschluss des Bayerischen Ministerrats über den Ankauf (6. Juni 1956), den Beginn der Bautätigkeiten am Reaktor (6. November 1956) bis hin zu den ersten Neutronen am 31. Oktober 1957.
Bayern gewann damals knapp im Wettlauf mit Dresden den ersten deutschen Reaktor in Betrieb zu nehmen. Wegen seiner eiförmigen Kuppel, die Architekt Gerhard Weber entworfen hatte, wurde der FRM schon bald Atom-Ei genannt.
Vom Krautacker zum Forschungszentrum
Im Rahmen des „Atoms for Peace“-Programms der Vereinigten Staaten kaufte Professor Heinz Maier-Leibnitz im Auftrag der Bayerischen Staatsregierung, den Reaktor. Maier-Leibnitz baute das Atom-Ei zügig zu einem weltweit anerkannten Forschungsinstitut aus, das bald auf Augenhöhe mit den damals führenden amerikanischen Wissenschaftlern operierte.
Von Anfang an diente das Garchinger Ei der Grundlagenforschung in Physik und Chemie. Die Wissenschaftler entwickelten Techniken und Standards, die später von anderen Forschungsreaktoren übernommen wurden: Neutronenleiter beispielsweise wurden am Atom-Ei erfunden oder auch die Rückstreu-Spektrometrie.
Selbst die Sicherheitsmaßnahmen, die die Betriebsmannschaft in Garching mangels gesetzlicher Vorgaben selbst entwickelt hatte, dienten in anderen Reaktoren als Vorbild oder fanden Eingang in allgemeine Regelungen.
Neben der Grundlagenforschung lag Prof. Maier-Leibnitz besonders am Herzen, Nachwuchskräfte für Kerntechnik und Wissenschaft auszubilden, die später nicht nur in Deutschland, sondern weltweit stark nachgefragt waren.
Der Ruf Maier-Leibnitz und nicht zuletzt der Nobelpreis für einen seiner Schüler, Dr. Rudolf Mößbauer, lockte zahlreiche renommierte Physiker als Gastforscher nach Garching. Das Atom-Ei auf den Krautäckern Garchings wurde so zur Keimzelle eines Wissenschaftscampus, der inzwischen europaweit seinesgleichen sucht.
Neuanfang mit moderner leistungsfähigerer Neutronenquelle
Zwei Mal war die Leistung des Atom-Eis angehoben worden, von zunächst einem Megawatt Wärme auf 2,5 Megawatt im Jahr 1966 und schließlich 4 Megawatt ab dem Jahr 1968. Die Dichte an Neutronen war jedoch ab den 1980er Jahren im internationalen Vergleich nicht mehr konkurrenzfähig. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler begannen daher eine neue Forschungs-Neutronenquelle zu planen.
Die allgemein FRM II genannte neue Neutronenquelle sollte einen 100fach höheren Neutronenfluss liefern. Als die Genehmigung für den FRM II vorlag, wurde das Atom-Ei am 28. Juli 2000 abgeschaltet. Es hatte bis dahin 43 Jahre lang störungsfrei Neutronen geliefert und zehntausende Experimente ermöglicht.
Die Hülle des Atom-Eis, die auch Bestandteil des Garchinger Stadtwappens ist, steht unter Denkmalschutz. Das Innere wird seit 2014 entkernt und rückgebaut, um langfristig als Halle für die Wissenschaft und den Betrieb des FRM II zur Verfügung zu stehen.
Eine Fotoausstellung zu „60 Jahren Forschung mit Neutronen“ mit begehbarem Atom-Ei-Holzmodell ist vom 7. November bis 3. Dezember 2017 im Museum „Reich der Kristalle“ in der Theresienstraße 41 in München zu sehen.
Kontakt:
Andrea Voit / Christine Kortenbruck
Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz
Lichtenbergstr. 1, 785748 Garching, Germany
Tel.: +49 89 12141 – E-Mail – Web
Weitere Informationen:
Technische Universität München
Corporate Communications Center
- Andrea Voit (FRM II) / Dr. Andreas Battenberg
- battenberg @zv.tum.de
- presse @tum.de
- Teamwebsite