• 26.9.2022
  • Lesezeit: 2 Min.

Fließgeschwindigkeit im Darm reguliert Nährstoffaufnahme und Bakterienwachstum

Mehr als nur Bauchgefühl

Die Strömungsgeschwindigkeit in unserem Verdauungssystem bestimmt unmittelbar, wie gut die Nährstoffe vom Darm aufgenommen werden und wie viele Bakterien darin leben. Dies ist das Ergebnis einer neuen Studie der Technischen Universität München (TUM) und des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation (MPI-DS). Die Forscher:innen deckten die physikalischen Mechanismen der Selbstregulation des Darms auf. Hierdurch kann die Nährstoffaufnahme optimiert und gleichzeitig das unerwünschte Bakterienwachstum begrenzt werden.

Prof. Karen Alim (links) und Erstautorin Agnese Codutti. A. Heddergott / TUM
Prof. Karen Alim (links) und Erstautorin Agnese Codutti.

Der menschliche Darm ist etwa sieben Meter lang; es dauert ungefähr acht Stunden, bis die Nahrung während der Verdauung den Dünndarm passiert hat. In dieser Zeit werden die Nährstoffe aus der Nahrung durch die vergrößerte Oberfläche des Darms absorbiert. Gleichzeitig nehmen nützliche an der Verdauung beteiligte Bakterien im Darm Nährstoffe aus der passierten Nahrung auf.

Ein Forschungsteam der TUM und des MPI-DS hat nun gezeigt, dass Nährstoffaufnahme und Bakterienzahl direkt an die Strömungsgeschwindigkeit im Darm gekoppelt sind: Bei hohen Geschwindigkeiten wird das Bakterienwachstum eingedämmt, gleichzeitig verschlechtert sich aber auch die Nährstoffaufnahme in den Darm. Im Gegensatz dazu kann eine niedrige Fließgeschwindigkeit die Nährstoffaufnahme verbessern, begünstigt aber auch ein übermäßiges Bakterienwachstum, was auf Dauer für das Verdauungssystem schädlich sein kann.

Komplexe Dynamik

Die Wissenschaftler:innen haben zum ersten Mal die komplexe Dynamik zwischen Nährstoffaufnahme, Strömung und Bakterienwachstum aufgezeigt. „Unser Mausmodell hat gezeigt, dass bei einer bestimmten Fließgeschwindigkeit eine optimale Nährstoffaufnahme erreicht wird, während bei einer anderen Fließgeschwindigkeit optimale Bakterienzahlen erreicht werden", kommentiert Karen Alim, Professorin für Theorie biologischer Netzwerke an der TUM und Max-Planck-Forschungsgruppen-Leiterin am MPI-DS.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Darm zwischen diesen verschiedenen Fließgeschwindigkeiten wechselt, um die Nährstoffaufnahme und den Bakteriengehalt zu regulieren“, erklärt Agnese Codutti, Erstautorin der Studie. „Dies ist abhängig von der Nahrungsaufnahme oder dem Fasten und dem erreichten Bakteriengehalt im Darm.“ Auf diese Weise beeinflussen die Nährstoffaufnahme und die Bakterienkonzentration auch umgekehrt die Regulierung des Darmflusses.

Darmverhalten beeinflusst die Gesundheit

Was aber passiert, wenn der Darm nicht richtig funktioniert? Jede Störung des Darmflusses und der Rückkopplungsmechanismen kann zu einem übermäßigen Bakterienwachstum führen. Dies könnte schwerwiegende Folgen für unsere Gesundheit haben und zu chronischer Müdigkeit, Kopfschmerzen, schlechter Nährstoffaufnahme und Blähungen führen. Die neuen Erkenntnisse der Studie liefern wichtige Einblicke in die Mechanismen, die diesen Krankheiten zugrunde liegen. Sie können so dazu beitragen, eine gesunde Darmflora zu erhalten, erklären die Forscherinnen.

Publikationen
  • Agnese Codutti, Jonas Cremer and Karen Alim: Changing flows balance nutrient absorption and bacterial growth along the gut, Physical Review Letters 129, 138101
    doi.org/10.1103/PhysRevLett.129.138101
Weitere Informationen und Links

Technische Universität München

Kontakte zum Artikel:

Prof. Karen Alim
Technische Universität München
Professur für Theorie biologischer Netzwerke
+49 (89) 289 - 12192
k.alimspam prevention@tum.de

Aktuelles zum Thema

HSTS