Mathematische Beweise für exakte GPS-Ortung
Fünf Satelliten für präzise Navigation nötig
In der Regel geben uns Global Positioning Systeme bis auf weniger Meter genau unseren Standort an. Jeder kennt aber auch Situationen, in denen die Ortung nur auf einige hundert Meter genau angezeigt wird oder der Standort sogar falsch ist. Ein Grund hierfür kann die geringe Anzahl oder ungünstige Anordnung der Satelliten sein, zu denen das Navigationsgerät gerade Sichtkontakt hat.
Wie funktioniert GPS?
GPS-Satelliten sind mit einer extrem präzisen Atomuhr ausgestattet und kennen ihre Position zu jeder Zeit. Sie senden die Uhrzeit und ihren Standort kontinuierlich über Funkwellen. Ein Handy oder ein anderes Navigationsgerät empfängt diese Signale von allen Satelliten, zu denen es Sichtkontakt hat. Die Differenz zwischen der Ankunftszeit auf der lokalen Uhr des Empfängers und der von der Satellitenuhr aufgezeichneten Sendezeit entspricht der Zeit, die das Signal vom Satelliten zum Empfänger benötigt. Da sich Funkwellen mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, errechnet sich hieraus die zurückgelegte Strecke. Aus den Positionen der Satelliten und der zurückgelegten Strecke wird über ein Gleichungssystem die Position des Empfängers bestimmt.
Nicht berücksichtigt wird bei dieser vereinfachten Darstellung, dass die lokale Uhr des Empfängers keine Atomuhr ist. Geht diese nur eine Millionstel Sekunde falsch, entsteht bei der Positionsbestimmung eine Ungenauigkeit von mindestens 300 Metern. Das GPS-Problem besteht nun darin, dass das Handy oder ein anderes Navigationsgerät zusammen mit dem Standort auch die genaue Zeit bestimmen muss – bekannt aus der Relativitätstheorie als sogenannte Raumzeit.
Ist die Anzahl der Satelliten, die sich in Sichtkontakt befinden, zu gering, funktioniert das System nicht mehr zuverlässig und liefert mehrere Lösungen – also unterschiedliche Orte, an denen sich der Empfänger befinden könnte. Dann kann die Situation auftreten, dass beispielsweise ein Handy gar keinen oder den falschen Standort angibt. Bislang wurde nur vermutet, wie viele Satelliten benötigt werden, um für das GPS-Problem eindeutige Lösungen zu erhalten.
Fünf Satelliten für eine genaue Standortbestimmung
Mireille Boutin, Professorin für diskrete Algebra und Geometrie an der TU/e und Gregor Kemper, Professor für algorithmische Algebra an der TUM ist es nun gelungen, mathematisch zu beweisen, dass ab einer Anzahl von fünf Satelliten die exakte Position des Empfängers in den allermeisten Fällen eindeutig bestimmt werden kann. „Auch wenn das schon lange vermutet wurde, hat es bisher niemand geschafft, einen Beweis zu finden. Das war auch nicht ganz einfach: Tatsächlich haben wir über ein Jahr an dem Problem gearbeitet, bis wir soweit waren“, sagt Kemper. Aktuell ist auf der Erde sichergestellt, dass überall und zu jedem Zeitpunkt vier Satelliten in Sichtkontakt stehen. „Bei nur vier Satelliten scheint es ganz grob gesprochen so zu sein, dass die Wahrscheinlichkeit für eine eindeutige Lösbarkeit des GPS-Problems bei 50 Prozent liegt. Das zu beweisen ist eines unserer nächsten Projekte“, so Kemper. Bei drei oder weniger Satelliten im Sichtbereich funktioniert GPS-Navigation definitiv nicht.
Geometrie und Eindeutigkeit
Gelungen ist den Forschenden der Beweis, indem sie das GPS-Problem geometrisch charakterisierten. Sie fanden heraus, dass die Position des Empfängers nicht eindeutig bestimmt werden kann, wenn die Satelliten auf einem sogenannten zweischaligen Rotationshyperboloid liegen. Hierbei handelt es sich um eine gekrümmte Fläche, die in alle Richtungen geöffnet ist. Obwohl dies zunächst ein theoretisches Ergebnis ist, hat es praktische Auswirkungen, denn es ermöglicht, Ungenauigkeiten in der Positionsbestimmung besser zu verstehen.
M. Boutin and G. Kemper. „Global positioning: The uniqueness question and a new solution method“. Advances in Applied Mathematics (2024).
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Prof. Dr. Gregor Kemper
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