Clara Buchholz von der Hochschulgruppe she.codes
Eine Frage der Förderung
Die Informatik ist eine pure Männerdomäne, heißt es oft. Und ja, wie in vielen technischen Berufen ist die Informatikbranche, aber auch der Studiengang, mehrheitlich von Männern besetzt. Doch der Geschlechterunterschied nimmt Jahr für Jahr ab.
Eine Hochschulgruppe an der Technischen Universität München hat sich – in Zusammenarbeit mit Kommilitoninnen vom Karlsruhe Institute of Technology (KIT) und anderen Universitäten in Deutschland – zum Ziel gesetzt, dieses Verhältnis noch weiter auszugleichen. Ihre Herangehensweise? Studentinnen der Informatik bringen Mädchen schon im jungen Alter in spielerischen Workshops das Programmieren bei.
Clara Buchholz, die Workshops von she.codes richten sich an Mädchen zwischen 11 und 14 Jahren. Was motiviert Sie, junge Frauen gezielt für das Thema Programmieren zu begeistern?
Clara Buchholz: Die Informatik ist immer noch dominiert von Männern. An der TU München sind beispielsweise unter allen Informatik-Studierenden nur ungefähr ein Viertel Frauen. Es gibt allerdings Studien, die zeigen, dass Jungen und Mädchen eigentlich bis zu einem bestimmten Alter ein ähnliches Interesse an technischen Themen insgesamt, und auch der Informatik im Konkreten haben. Erst in den Jahren der Pubertät entwickeln sich die Interessen unterschiedlich. Und viele unserer Coaches haben selbst erst spät das Programmieren ausprobiert und für sich entdeckt.
Zwischen 11 und 16 Jahren verlieren Mädchen häufig die Begeisterung für diese Fächer. Warum denken Sie, Ihre Workshops könnten dieses verfliegende Interesse aufhalten?
Alle, die bei uns Workshops halten, sind Studierende in technischen Berufen. Wir haben Spaß am Programmieren und können Vorbilder für die Kursteilnehmerinnen sein. Unsere Begeisterung teilen wir mit den Kursteilnehmerinnen und geben ihnen die Möglichkeit spielerisch einen Zugang zur Informatik zu bekommen. So können wir sie motivieren neue Dinge auszuprobieren und über sich hinauszuwachsen.
Wieso entwickelt sich das Interesse denn überhaupt in der Pubertät, wenn es im Kindesalter noch so ähnlich ist?
Auf der einen Seite werden den Kindern und Jugendlichen auch heute noch die gängigen Stereotypen vermittelt. Ein Programmierer ist meist männlich. Ein Stereotyp, der auch in Büchern oder Filmen oft verbreitet wird. Auf der anderen Seite werden Mädchen aber auch in unserer Gesellschaft anders gefördert als Jungs. Es gibt Studien, die zeigen, dass Lehrerinnen und Lehrer ihren Schülerinnen und Schülern unbewusst ganz unterschiedliche Fachrichtungen vorschlagen. So werden Mädchen seltener in die Richtung von technischen Berufen gelotst. Dafür schaffen wir eine Alternative. Und einen sicheren Raum, in dem nur Frauen sind, und die Mädchen sich ausprobieren können.
Wie verläuft ein solcher Workshop bei Ihnen?
Alle unsere Workshops sind für Programmieranfängerinnen geeignet. Die Teilnehmerinnen brauchen also keine Programmier-Vorkenntnisse mitzubringen. Wir bieten Kurse vor Ort und online an. Online bringen wir den Mädchen auf spielerische Art und Weise die Programmiersprache Python bei. Anfangs lernen sie, ein kurzes Chatprogramm zu programmieren, mit dem sie dem Computer Fragen stellen können. Oder wir bringen ihnen bei, wie sie ein Stein-Schere-Papier-Spiel programmieren. Vor Ort programmieren wir mit dem Calliope Mini, das ist ein Einplatinencomputer mit verschiedenen Sensoren. Damit lernen die Mädchen ein kleines Klavier oder Spiele zu programmieren. Das macht besonders viel Spaß, da zusätzlich zum Programmieren auch noch an dem Calliope Mini gewerkelt werden kann.
Wie steil ist die Lernkurve?
Am Ende unseres viermonatigen code-togetHER-Programms sind die Teilnehmerinnen beispielsweise dann schon in der Lage, ein umfangreicheres Spiel zu schreiben – inklusive der Integration einer grafischen Oberfläche. Wir haben gemerkt, dass das die Teilnehmerinnen motiviert. Das können sie den Eltern und Geschwistern und Freundinnen zeigen, die das programmierte Spiel selbst ausprobieren können.
Sie sind von Beginn an bei she.codes in München dabei. Welche Workshop-Erfahrungen sind Ihnen besonders im Kopf geblieben?
Es ist schön, zu merken, dass die Teilnehmerinnen Spaß haben und etwas lernen. Mich berührt immer ganz besonders, wenn die Gruppe eigenständig arbeitet und sich gegenseitig hilft. Wenn also eine Teilnehmerin ein Problem hat, ihren Bildschirm teilt und den anderen erläutert, wobei sie gerade nicht weiterkommt. Oder eine Schülerin vor Ort nicht genau weiß, warum etwas nicht so funktioniert wie sie es sich erhofft hat. Wenn die Gruppe dann gemeinsam überlegt, wo das Problem liegen könnte, Vorschläge macht und schließlich eine Lösung findet – das ist klasse. Außerdem ist es großartig, wenn Schülerinnen immer wieder bei unseren Workshops mitmachen und uns an Freundinnen oder Schwestern weiterempfehlen.
- Clara Lea Buchholz stammt ursprünglich aus Stuttgart und kam 2016 nach München.
- Seit März 2023 lebt sie in Stockholm, Schweden.
- Interview mit Clara Lea Buchholz im Podcast We are TUM
- she.codes auf Instagram: https://www.instagram.com/she.codes_bytec/
- Die Gruppe lädt alle Studentinnen, die Lust haben, sich bei she.codes zu engagieren, am 02. Mai 2023 um 19.30 Uhr herzlich zu einem Infoabend ein. Details gibts es auf der she.codes Website.
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Hochschulgruppe she.codes by TEC
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