NewIn: Oleksandra Poquet
Daten nutzen, um besser zu lernen
Für Oleksandra Poquet sind Daten eine Form von Bildungstechnologie, die - wie jede andere Bildungstechnologie auch - nur dann ihren Zweck erfüllen kann, wenn sie pädagogisch richtig eingesetzt wird. „Die Menschen müssen verstehen, wie sie von einer Technologie profitieren können, und sie brauchen einen Anreiz, sie zu nutzen“, sagt sie. „Daten können Lernenden helfen, die wichtigsten Herausforderungen zu bewältigen, denen wir heute am Arbeitsplatz gegenüberstehen. Die Verlagerung kognitiver Aufgaben auf KI ist eine dieser Herausforderungen. Die Einsamkeit und der Mangel an sozialem Kapital in der digitalen und hybriden Arbeits- und Lernwelt ist eine andere. Daten können uns zeigen, wie wir mit KI oder mit anderen interagieren, und uns helfen zu verstehen, ob wir uns ändern müssen, um besser zu werden. Die Frage ist, welche Daten uns diese Erkenntnisse am besten liefern und wie wir sie am besten in die Lernpraxis integrieren können.
Auf dem Weg zu datengestütztem Lehren und Lernen
Vor mehr als einem Jahrzehnt wechselte Oleksandra Poquet nach einer langen Karriere in der Lehre in die Forschung. Sie begleitete einen internationalen Masterstudiengang für Lebenslanges Lernen und lernte dabei die lange Tradition der Erwachsenenbildung in Skandinavien kennen. Dies geschah zu einer Zeit, als die Universitäten gerade begannen, innovative Online-Kurse für die breite Öffentlichkeit anzubieten, so genannte Massive Open Online Courses (MOOCs). „Lehrende können nicht sehen, wie Tausende von Menschen gleichzeitig online lernen, also mussten wir die Daten der Lernenden nutzen. Zuerst, um das Lernen zu verstehen, und dann, um es zu verbessern.
Lernen mit Large Language Models
Wenn Menschen mit Large Language Models wie ChatGPT lernen, entstehen eine Menge Daten, die helfen können, das Lernen mit neuen Technologien besser zu verstehen. „Der jüngste Hype um generative KI im Bildungsbereich ist natürlich spannend. Doch die Nutzung von KI im Bildungsbereich ist nicht neu“, sagt Oleksandra Poquet. „Wir haben mehr als 50 Jahre Forschung darüber, wie Menschen mit Computern lernen. Aber was wir wissen, lässt sich nicht immer auf neue Technologien anwenden, die sich ständig weiterentwickeln.“
Sie und ihr Team analysieren die digitalen Spuren, die Lernende mit KI hinterlassen: „Wir haben gerade einen Prototyp fertiggestellt, der die Interaktionen zwischen Mensch und KI aufzeichnet und den Nutzerinnen und Nutzern präsentiert. Die Handlungskompetenz ist dabei sehr wichtig - der Mensch muss lernen zu erkennen, ob er das Denken an die Technik abgibt, obwohl er es sich eigentlich selbst aneignen müsste. Das bedeutet, dass wir den Lernenden helfen müssen, klare Entscheidungen über ihre Privatsphäre zu treffen, weshalb wir auch an innovativen Einwilligungsverfahren arbeiten
Datenkompetenz für zukünftige Lehrerinnen und Lehrer
Ihre Praxiserfahrung hilft Oleksandra Poquet, die Perspektive der angehenden Lehrerinnen und Lehrer, die ihre Seminare besuchen, zu verstehen. „Wir bringen ihnen den Wert und die Verwendung von Daten bei - aber auch deren Grenzen. Mit einem besseren Verständnis der statistischen und psychologischen Aspekte können sie eine offene und kritische Denkweise entwickeln. Ziel ist es, ihnen zu helfen, das Beste aus den Daten der Bildungstechnologien herauszuholen, anstatt naiv enthusiastisch oder übervorsichtig zu werden.“ Die Kurse sind interdisziplinär und stehen allen Studierenden offen - etwa der neue Kurs über Datendesign für Bildungstechnologien.
Bessere Werkzeuge durch umsichtige Datennutzung
„Interdisziplinäres Denken ist eine Grundvoraussetzung für datengestützte pädagogische Innovationen“, sagt Oleksandra Poquet. Die intensive Zusammenarbeit mit verschiedenen Disziplinen sei auch einer der Gründe, warum sie sich, nach Postdoc-Stellen an der National University of Singapore, der University of South Australia und dem Experimental Centre for Research and Interdisciplinarity in Paris, für die TUM entschieden hat. Hier ist sie Mitglied des TUM Center for Educational Technologies und des Munich Data Science Institute.
„Im Laufe meiner Karriere habe ich beobachtet, wie unterschiedliche Kulturen mit Daten umgehen“, sagt sie. Die Frage, welche Daten Menschen bereit sind, mit Bildungstechnologien zu teilen, ist nun eines ihrer Forschungsthemen. „In Deutschland sind die Menschen zurückhaltend, und das gefällt mir. Deshalb müssen wir uns auf das Wesentliche konzentrieren - was man am besten verfolgen kann, was die Daten bieten können und wie man die Menschen in das Verständnis der Kompromisse einbezieht - dann haben wir bessere Werkzeuge“.
- Die Professur für Learning Analytics wird aus Mitteln der Hightech Agenda Bayern (HTA) finanziert.
- Alle Folgen der Video-Serie „NewIn“.
Kontakte zum Artikel:
Prof. Dr. Oleksandra Poquet
Professur für Learning Analytics
TUM School of Social Sciences and Technology