• 22.2.2021
  • Lesezeit: 3 Min.

Reale Großbrandversuche am TUM-Campus Garching

Auch mehrgeschossige Holzgebäude können Zimmerbrände sicher überstehen

Wie sicher sind mehrgeschossige Holzgebäude bei Feuer? Mit dieser Frage beschäftigt sich das Forschungsprojekt „TIMpuls“ unter der Leitung der Technischen Universität München (TUM). Ziel der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist es, valide Grundlagen für ein einheitliches Regelwerk zum Bau von mehrgeschossigen Holzgebäuden zu liefern. Bei realen Brandversuchen im Originalmaßstab hat sich bestätigt, dass hohe Holzgebäude bei Einhaltung von bestimmten Baumethoden selbst den Vollbrand einzelner Wohnungen sicher überstehen.

Auf dem Freigelände des Forschungscampus Garching der TUM wurden Großbrandversuche durchgeführt. Fabian Vogl / TUM
Auf dem Freigelände des Forschungscampus Garching der TUM wurden Großbrandversuche durchgeführt.

Klimawandel, Energiewende, Nachhaltigkeit: Der nachwachsende Baustoff Holz liegt im Trend, die Nachfrage nach Holzgebäuden steigt. Doch Holz hat als Kohlenstoffspeicher eine natürliche Eigenschaft: Es ist im Gegensatz zu Stahlbeton und Mauerwerk ein brennbarer Baustoff. Zwar werden längst nicht mehr nur Einfamilienhäuser aus Holz gebaut, aber für das brandschutztechnisch sichere Bauen von mehrgeschossigen Holzgebäuden existiert nur ein beschränktes rechtliches Regelwerk.

„Unser Ziel ist es, das Bauen bis zur Hochhausgrenze, also bis 22 Meter, im gesamten Bundesgebiet geregelt zu ermöglichen“, erklärt Thomas Engel vom Lehrstuhl für Holzbau und Baukonstruktion der TUM. Gemeinsam mit der TU Braunschweig, der Hochschule Magdeburg-Stendal und dem Institut für Brand- und Katastrophenschutz Heyrothsberge arbeitet die Forschungsgruppe der TUM daran seit etwa vier Jahren im Projekt TIMpuls.

Brandräume simulieren vollgestellte Wohnungen

Zum Abschluss des Projektes testeten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre gewonnenen Erkenntnisse im realen Versuch auf dem TUM-Campus in Garching. Sie bauten Brandräume im Maßstab 1 zu 1 auf, die mit Holz vollgestellt waren. „Wir simulieren dabei Wohnungen mit einer realen Brandlast, also mit vielen Büchern und Einrichtungsgegenständen“, sagt Engel. Die Versuche fanden auf dem Gelände der TUM-Werkfeuerwehr statt. Denn auch die Analyse der Brandbekämpfung durch die Feuerwehr gehört zum Projekt.

In den Versuchen wurden verschiedene Holz-Bauweisen und Brandschutzmaßnahmen betrachtet. So etwa die Bekleidung massiver Holzwände und der Decke mit Gipsplatten oder auch die Holztafelbauweise, bei der zwischen Holzrippen Dämmmaterial eingebracht wird. „Durch diese Maßnahmen kann, je nach Ausführung, ein Äquivalent zum Stahlbeton oder Mauerwerk in Sachen Brandschutz erreicht werden“, sagt Engel.

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Sichtbare Holzoberflächen gewünscht

Bei einem ersten Referenzversuch waren sowohl die Wände als auch die Decke des Brandraumes mit zweimal 25 Millimeter dicken Gipsplatten bekleidet. Nachdem aufgeschichtete Holzscheite, die die Einrichtungsgegenstände im Gebäude simulierten, verbrannt waren, erlosch das Feuer. „Wie bei einem Gebäude aus nichtbrennbaren Baustoffen, bei dem das Feuer, nachdem die Brandlast im Haus verbrannt ist, von selbst ausgehen soll“, erklärt Engel.

Allerdings: Die meisten Menschen, die in Holzgebäuden wohnen, wünschen sich in ihrer Wohnung mindestens eine sichtbare Holzwand oder eine sichtbare Holzdecke. „Wir wollten daher unter anderem auch prüfen, wie viel sichtbares, also unbekleidetes Holz kann man zulassen.“

Diese Szenarien simulierten die Forscherinnen und Forscher in vier weiteren Versuchen:

  • sichtbare Holzdecke, alle Wände mit 18 Millimeter Gips bekleidet,
  • Holztafelbaudecke, zwei gegenüberliegende sichtbare Massivholzwände aus Brettsperrholz sowie zwei bekleidete Holztafelbauwände,
  • sichtbare Brettschichtholz-Decke und vier mit 36 Millimeter Gips bekleidete Holztafelbauwände,
  • ein Raum mit einer sichtbaren Brettschichtholzdecke, einer sichtbaren Brettsperrholzwand und drei bekleideten Holztafelbauwänden.

400 Messstellen im Gebäude

In den Brandräumen wurden jeweils etwa 400 Messstellen verbaut. „Wir wissen daher zum Beispiel genau, in welcher Tiefe der Wand welche Temperatur herrscht“, erklärt Prof. Stefan Winter, Leiter des Lehrstuhls für Holzbau und Baukonstruktion. Strömungssensoren können zudem viel über das Flammenbild und die Energie, die freigesetzt wird, aussagen.

„Das entscheidende Ergebnis unseres Projektes ist, dass wir die Basis für Regelwerke liefern können, indem wir die Rahmenbedingungen zeigen, unter denen sicher mit Holz gebaut werden kann“, sagt Winter. Wie genau die Umsetzung in die Bauordnungen erfolgt, ist auch eine politische Entscheidung. „Wenn wir zeigen können, dass die Tragfähigkeit des Holzgebäudes auch nach zwei Stunden Vollbrand erhalten bleibt, kann davon ausgegangen werden, dass in Deutschland die Feuerwehr längst vor Ort ist.“

Die Auswertung der Versuche wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Winter: „Wir haben eine riesige Datenmenge gesammelt, die uns nicht nur hilft, den Brandschutz bei Holzgebäuden zu bewerten, sondern auch wissenschaftliche Einblicke in den Brandverlauf liefert.“

Technische Universität München

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Kontakte zum Artikel:

Prof. Dr.-Ing. Stefan Winter
Technische Universität München
Lehrstuhl für Holzbau und Baukonstruktion
Tel: +49 (0) 89 289 22416
winterspam prevention@tum.de
 

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