• 13.6.2019
  • Lesezeit: 3 Min.

Hardware und IP-Adressen für CO2-Fußabdruck der Kryptowährung analysiert

Bitcoin verursacht ähnlich viel CO2 wie Hamburg

Der Einsatz von Bitcoins verursacht jährlich rund 22 Megatonnen Kohlendioxid – ähnlich viel wie Hamburg oder Las Vegas. Dies zeigt die bislang detaillierteste Kalkulation des CO2-Fußabdrucks der Kryptowährung. Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) wertete dafür unter anderem Börsenunterlagen von Hardware-Herstellern und IP-Adressen der Bitcoin-„Schürfer“ aus.

Eine Frau arbeitet an Minern. istockphoto.com / StefaNikolic
Aufgrund der vielen Mining-Geräte hat das Bitcoin-Netzwerk einen hohen Stromverbrauch.

Die Währung Bitcoin ist zwar virtuell, die Energie aber, die für ihren Einsatz verbraucht wird, ist real. Damit eine Überweisung ausgeführt und dokumentiert wird, muss eine Rechenaufgabe von einem beliebigen Computer im weltweiten Bitcoin-Netzwerk gelöst werden, an dem jeder teilnehmen kann und dafür wiederum mit Bitcoins belohnt wird. Die eingesetzte Rechnerkapazität für dieses sogenannte Schürfen der Bitcoins ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Statistiken zeigen, dass sie sich allein 2018 vervierfacht hat.

Mit dem Bitcoin-Boom stellt sich deshalb die Frage, ob die Kryptowährung zu einer zusätzlichen Belastung für das Klima wird. Mehrere Untersuchungen haben versucht, den Ausstoß an Kohlendioxid zu ermitteln, der durch das Schürfen der Bitcoins verursacht wird. „Diese Studien beruhen allerdings auf zahlreichen Schätzungen“, sagt Christian Stoll, der an der Technischen Universität München (TUM) und am Massachusetts Institute of Technology (MIT) forscht.

„Detektivarbeit“ zur Ermittlung des Stromverbrauchs

Ein Team aus Wirtschaftswissenschaften und Informatik der TUM hat deshalb die bislang detaillierteste Kalkulation des CO2-Fußabdrucks des Bitcoin-Systems erstellt. Ihre Vorgehensweise glich einer Detektivarbeit, um Schritt für Schritt stichhaltige Daten zu recherchieren.

Zunächst ermittelte das Forschungsteam den Stromverbrauch des Netzwerks, der vor allem von der Ausrüstung abhängt, die zum Schürfen der Bitcoins eingesetzt wird. „Heute werden dafür spezielle Geräte eingesetzt, sogenannte ASIC-Miner“, erklärt Stoll. 2018 planten die drei Hersteller, die den Markt für ASIC-Miner beherrschen, an die Börse zu gehen. Aus den Unterlagen, die sie dafür veröffentlichen mussten, konnte das Team die Marktanteile der einzelnen Modelle berechnen. Daneben musste die Studie berücksichtigen, ob jemand zu Hause mit einem einzelnen Miner schürft oder ob riesige „Farmen“ aktiv sind, die in den letzten Jahren von professionellen Betreibern aufgebaut wurden. „Dort wird allein schon für die Kühlung des Rechenzentrums zusätzliche Energie benötigt“, sagt Stoll. Um ein Bild von den Größenordnungen zu bekommen, nutzte das Team die Statistiken eines öffentlichen Pools unterschiedlicher Schürfer, der die Rechenkraft seiner Mitglieder anzeigt.

68 Prozent der Rechnerkraft in Asien

So ermittelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – Stand November 2018 – einen jährlichen Stromverbrauch von rund 46 Terrawattstunden. Welche CO2-Emmissionen verursacht die Erzeugung dieser Energie? Auch bei dieser Frage wollte sich das Forschungsteam nicht auf Schätzungen verlassen. Deshalb war die entscheidende Frage: In welchen Ländern sitzen die Schürfer?

Wieder halfen dem Team Livestatistiken von „Mining Pools“ weiter. „In diesen Gruppen haben Schürfer ihre Rechenleistung zusammengeschlossen, um bei der Lösung der Rechenaufgaben schneller zum Zug zu kommen – ähnlich wie bei einer Tippgemeinschaft“, erklärt Stoll. Die IP-Adressen in den Statistiken der zwei größten Pools zeigten, dass sich die meisten Schürfer einem Pool in oder nahe ihrem Heimatland anschließen. So konnte das Team 68 Prozent der Rechnerkraft des Bitcoin-Netzwerks in asiatischen Staaten, 17 Prozent in europäischen Ländern und 15 Prozent in Nordamerika lokalisieren. Dieses Ergebnis überprüften die Forscherinnen und Forscher mit einer zweiten Methode, indem sie mit einer Internet-of-Things-Suchmaschine die IP-Adressen einzelner Miner lokalisierten. Dann kombinierten sie die Ergebnisse mit Statistiken zur CO2-Bilanz der Stromversorgung in den jeweiligen Ländern.

„Mining-Farmen mit Produktion erneuerbarer Energie koppeln“

Das Ergebnis der Studie: Das Bitcoin-System verursacht zwischen 22 und 22,9 Megatonnen Kohlendioxid pro Jahr. Das hinterlässt einen ähnlichen großen CO2-Fußabdruck wie Hamburg, Wien oder Las Vegas.

„Auch wenn es bedeutendere Faktoren für den Klimawandel gibt: Der CO2-Fußabdruck ist so groß, dass er Anlass genug bietet, um über die Regulierung von Krypto-Mining an Standorten mit CO2-intensiver Stromproduktion zu diskutieren“, sagt Christian Stoll. „Um die ökologische Bilanz zu verbessern, wäre es beispielsweise möglich, mehr ,Mining-Farmen‘ mit zusätzlicher Erzeugung von erneuerbarer Energie zu koppeln.“

Weitere Informationen und Links

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Kontakte zum Artikel:

Christian Stoll, M.Sc.
Technische Universität München (TUM)
Lehrstuhl für Controlling
Tel.: + 49 89 289 22798 (Pressestelle)
christian.stollspam prevention@tum.de

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