Bayerische Forschungsstiftung fördert sieben Projekte mit Beteiligung der TUM
4,2 Millionen Euro für interdisziplinäre Projekte
Seit 1990 unterstützt die Bayerische Forschungsstiftung Forschungskonsortien, mit dem Ziel, Bayern im internationalen Wettbewerb um neue Technologien zu stärken und zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen. Die Vorhaben müssen gemeinsam von Wirtschaft und Wissenschaft beantragt werden. So sind an den Projekten mit TUM-Beteiligung 22 Unternehmen beteiligt. Die Forschungsstiftung unterstützt die sieben interdisziplinären Forschungsvorhaben mit insgesamt rund 4,2 Millionen Euro.
„Herausragende Forschung und Kooperationen mit der Wirtschaft und anderen Forschungseinrichtungen: Diese Arbeit unterstützt die Bayerische Forschungsstiftung gerne. Die Förderprojekte zeigen, wie gut bayerische Hochschulen es verstehen, den unternehmerischen Bedarf mit ihrer Wissenschaft zu verbinden. Dadurch entsteht Mehrwert weit über die Beteiligten hinaus“, sagte Prof. Arndt Bode, Präsident der Bayerischen Forschungsstiftung, bei der Übergabe der Förderbescheide.
TUM-Präsident Prof. Wolfgang A. Herrmann freut sich über diese Anerkennung der Arbeit seiner Kolleginnen und Kollegen: „Auch im 150. Jahr unserer Geschichte ist das Gründungsmotto wirksam: der gewerblichen und industriellen Welt den zündenden Funken der Wissenschaft zu bringen. Unsere Forschungsergebnisse haben großes Potenzial für die gemeinsame Umsetzung mit Partnern aus Wirtschaft und Industrie. So wird aus der wissenschaftlichen Invention die wichtige Innovation. Die Bayerische Forschungsstiftung hilft damit auch unseren Studierenden, frühzeitig mit Unternehmen an hochaktuellen Themen zu arbeiten und Einsichten in die Praxis zu gewinnen.“
An den sieben Projekten sind mit der Fakultät für Maschinenwesen, der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik, der TUM School of Governance und dem Wissenschaftszentrum Weihenstephan vier Fakultäten der TU München beteiligt:
ASIMOV
Prothesen, die dauerhaft in den Knochen implantiert werden, etwa bei künstlichen Hüftpfannen, können sich im Lauf der Zeit lockern. Die Ursache: An der Schnittstelle zwischen Implantat und Knochen kann die Kraft nicht gleichmäßig übertragen werden, denn das Metall, aus dem die Prothese gefertigt ist, und der Knochen besitzen unterschiedliche Steifigkeiten.
Im Projekt ASIMOV (Anatomiespezifische Implantatverankerung mittels optimierter Verformungseigenschaften) soll eine neue Methode entwickelt werden, um optimierte und individuell angepasste Implantate zu fertigen. Die Auslegung der Prothesen erfolgt mithilfe von Simulationen. Später werden die Prothesen nach diesen Modellen im 3D-Druck gefertigt. Diese Fertigungsmethode erlaubt es, das Metall mithilfe innenliegender Strukturen flexibler zu gestalten und sich damit den Materialeigenschaften der Knochen anzunähern.
Die Methode wird am Beispiel des künstlichen Hüftgelenks entwickelt, soll später aber auch auf andere Prothesentypen übertragbar sein. Die Leitung des Projekts übernimmt das Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften, geleitet von Prof. Michael Zäh.
FORTiGe – Tiergesundheit durch Genomik
Die Gesundheit von Zuchttieren zu verbessern, ist Ziel des Forschungsverbundes FORTiGe. Bei einer weiterhin steigenden Lebensmittelproduktion tierischen Ursprunges für eine wachsende Weltbevölkerung ergeben sich vermehrt Zielkonflikte von Tierwohl, Ökonomie und Ökologie. Mit neuen Möglichkeiten der Genomanalyse können in der Zucht viel präziser für die Tiergesundheit entscheidende Genomstellen lokalisiert werden. Die genaue Kenntnis solcher Stellen ist Voraussetzung für den Einsatz von Genom-Editierungsverfahren, deren Potential im Hinblick auf das Tierwohl ausgelotet wird und die einer bäuerlich organisierten Tierzucht zugutekommen sollen. Der Forschungsverbund überprüft, welche Genom-Editierungen überhaupt sinnvoll sein könnten an den Nutztieren Rind, Schwein und Huhn. Zugleich soll neben den Aspekten Sicherheit und Effizienz der Verfahren untersucht werden, wie Öffentlichkeit und Landwirte die neuen Methoden wahrnehmen und einschätzen.
Der Antrag für FORTiGe wurde vom Lehrstuhl für Tierzucht unter der Leitung von Prof. Ruedi Fries gestellt. Das Projekt vereint Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TUM und der Ludwigs-Maximilians-Universität aus den Bereichen Tierzucht und -genomik, Reproduktionstechnologie, Molekularbiologie, Immunologie sowie Wissenschafts- und Technologiepolitik. Des Weiteren kooperiert der Verbund mit dem Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Passau, der die juristischen Aspekte des Themas beleuchtet.
Optimal Parallel Battery – OparaBatt
Moderne Lithium-Ionen-Akkus bestehen oft nicht aus einer einzelnen Batterie-Zelle, sondern aus einer Vielzahl von kleineren oder größeren Zellen, die seriell und häufig parallel verschaltet sind. Mit der Verwendung einer großen Anzahl verschalteter kleiner Zellen ergeben sich nicht nur Kostenvorteile im Gegensatz zu großen Zellen. Die Batteriesysteme werden auch sicherer und es resultieren zusätzliche Freiheitsgrade. In gegenwärtigen Elektroautos sind beispielsweise bis zu 100 seriell und 100 parallel verschaltete Zellen verbaut. Die Stromaufteilung zwischen den parallel geschalteten Zellen wird nicht gesteuert, da dies aufwendig ist. So kann es zu einer ungleichmäßigen Verteilung kommen, was die nutzbare Energie, die Leistungsfähigkeit und die Lebensdauer des Speichers einschränkt.
Die Stromaufteilung ist von vielen Parametern abhängig, etwa von den verwendeten Materialien, dem Lastprofil und der Temperatur. Das Projekt OparaBatt wird diese Abhängigkeiten eingehend unter-suchen, um die Wechselwirkungen zwischen den Zellen und den Verschaltungsanordnungen zu optimieren. Der Forschungsschwerpunkt liegt auf der Batteriesystemtechnik und dem Zellverbund.
Federführend ist bei diesem Projekt der Lehrstuhl für Elektrische Energiespeichertechnik unter Leitung von Prof. Andreas Jossen.
Polymeres Getriebefluid
Das Projekt „Polymeres Getriebefluid“ hat das Ziel, umweltfreundliche Schmierstoffe für Getriebe zu entwickeln, die auf Wasser und nachwachsenden Rohstoffen basieren. Schmierstoffe sind essentiell für die Lebensdauer, die Leistung und die Effizienz von Getrieben und müssen bereits bei deren Entwicklung mit einbezogen werden. Getriebe in Windkraftanlagen benötigen dabei andere Schmierstoffe als etwa Getriebe in Außenbordmotoren.
Bisher basieren diese Schmierstoffe fast ausschließlich auf Mineral- und Synthetikölen. Im Projekt soll eine umweltverträgliche Alternative entwickelt werden. Sie basiert auf Wasser sowie nachwachsenden Rohstoffen und Additiven. Erste Versuche verliefen bereits sehr vielversprechend. Der Schmierstoff soll in systematischen Untersuchungen validiert und somit seine Eignung für bestimmte Getriebeanwendungen nachgewiesen werden. Antragsteller ist der Lehrstuhl für Maschinenelemente – Forschungsstelle für Zahnräder- und Getriebebau unter der Leitung von Prof. Karsten Stahl.
rAIcing
Im Projekt rAlcing (Deep Learning für automatisiertes Fahren auf der Rennstrecke) wird mit Verfahren des maschinellen Lernens neue Software für autonom fahrende Rennautos mit Elektroantrieb entwickelt. Im Fokus des Projektes stehen zwei Themen: Die Ermittlung des Reibwertpotentials und die Optimierung des Energiemanagements. Das Reibwertpotential bestimmt die maximal übertragbaren Beschleunigungs-, Brems- und Seitenkräfte zwischen Fahrbahn und Reifen und hat damit einen erheblichen Einfluss auf die Rundenzeit des Rennfahrzeugs. Eine möglichst genaue Kenntnisse und die optimale Ausnutzung des Reibwertpotentials sind daher im Rennsport essentiell.
Ein optimiertes Energiemanagement soll dafür sorgen, dass das Auto, das von vier Elektromotoren angetrieben wird, mit der für eine Renndistanz zur Verfügung stehenden Energie so schnell wie möglich fährt und den Energieverbrauch situativ anpasst. Die Software wird in einem realen Fahrzeug getestet. Geleitet wird das Projekt vom Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik unter der Leitung von Prof. Markus Lienkamp.
ShapeAM
Additive Fertigungsverfahren wie der 3D-Druck oder das Laserstrahlschmelzen bergen ein großes Potenzial für die Industrie. So ist es möglich, bestimmte Funktionen bereits beim schichtweisen Aufbau der Bauteile zu integrieren und Material einzusparen. Andererseits sind diese Verfahren noch nicht vollkommen ausgereift. So können zum Beispiel Verformungen auftreten, was dazu führt, dass jedes Bauteil eine individuell veränderte Form hat. Dies stellt in der Serien- oder Massenfertigung von Bauteilen eine große Herausforderung dar. Zudem können geforderte Rauigkeiten der Oberfläche nicht eingehalten werden.
Diese Aspekte machen eine Nachbearbeitung der Bauteile unvermeidbar. Daher wird im Forschungsprojekt ShapeAM (Befähigung additiver Fertigungstechnologien zur Herstellung von Funktionsbauteilen mit hohen Qualitätsanforderungen für den industriellen Einsatz) an neuen Methoden geforscht, wie die hybride Fertigung, bestehend aus additiver Herstellung und spanender Nachbearbeitung von Bauteilen, optimiert werden kann. Das Ziel ist zum einen, dass die additive Erzeugung der Bauteile optimiert wird, sodass die Anforderungen an Geometrie und Rauigkeit der Oberfläche eingehalten werden. Zum anderen werden für die spanende Nachbearbeitung effizienzsteigernde Maßnahmen getroffen. Geleitet wird das Projekt vom Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften unter der Leitung von Prof. Michael F. Zäh.
Sicherere Beurteilung von Aortenaneurysmen
Abdominale Aortenaneurysmen sind krankhafte Erweiterungen der Hauptschlagader im Bauch, die schlimmstenfalls reißen können. Sie zählen in Deutschland für Menschen über 65 Jahren zu den zehn häufigsten Todesursachen. Wie groß die Rupturgefahr für einen Patienten oder eine Patientin mit Aneurysma ist, lässt sich bislang nicht individuell bestimmen. Die Bayerische Forschungsstiftung fördert daher ein Projekt, das diese Frage beantworten soll. Mit patientenspezifischen Simulationsmodellen und maschinellem Lernen individueller Parameter wollen die Beteiligten eine individuelle Risikovorhersage bei kleinen und mittleren abdominalen Aortenaneurysmen möglich machen. Darüber hinaus soll eine grafische Oberfläche für die Anwendung in Kliniken entwickelt werden um als Entscheidungshilfe für behandelnde Ärzte den Weg in die klinische Praxis zu finden.
Von der TUM sind an dem Projekt Michael W. Gee, Professor für Mechanik auf Höchstleistungsrechnern an der Fakultät für Maschinenwesen, und Simon Hegelich, Professor für Political Data Science an der TUM School of Governance beteiligt.
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