Physiker realisieren störungsresistentes Quantensystem

Stabiler Quantencocktail

Wenn James Bond beim Barkeeper seinen klassischen Martini bestellt, kann er darauf vertrauen, dass der die Zutaten des Cocktails im Shaker gut vermischt. In der Quantenwelt allerdings könnte er eine Überraschung erleben: Ein Team von Physikern der Technischen Universität München (TUM), der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik (MPQ) hat Quantenmaterie realisiert, die starkem periodischen Schütteln widersteht – ein Quantencocktail ließe sich damit nicht mehr mixen.

Ein Team von Physikern hat ein ungewöhnlich stabiles Quantensystem realisiert – Bild: Christoph Hohmann / NIM
Ein Team von Physikern hat ein ungewöhnlich stabiles Quantensystem realisiert – Bild: Christoph Hohmann / NIM

Quantenmaterie ist normalerweise sehr empfindlich: Selbst geringe, in der Zeit variierende Kräfte haben typischerweise langfristig gravierende Folgen, da sie das System stören und den Ausgangszustand stark verändern. Bisher ging man davon aus, dass sich Quantensysteme im Normalfall durch Schütteln durchmischen, da das System durch die Schüttelbewegung Energie aufnimmt und sich unbegrenzt erwärmen kann.

Die Münchner Physiker haben nun experimentell einen exotischen Quantenzustand nachgewiesen, der diesem Schütteleffekt widersteht. Dafür kühlten die Wissenschaftler atomaren Kaliumdampf in einer Vakuumkammer auf extrem kalte Temperaturen ab. Diese ultrakalten Kaliumatome luden sie anschließend in ein optisches Gitter aus mehreren sich überlagernden Laserstrahlen.

Kontrollierte Unordnung

Die Laserstrahlen bilden dabei die „Gitterstäbe“, zwischen denen die Atome aufgefangen werden. „Wichtig war dabei, dass wir in das optische Gitter zusätzlich kontrolliert Unordnung eingebaut haben, indem wir die einzelnen „Gitterplätze“ zufällig nach oben und unten verschoben haben“, sagt Pranjal Bordia, der Erstautor der Studie.

Auch die Kaliumatome verteilten sie nicht gleichmäßig im Gitter, sondern lokalisierten sie in speziellen Bereichen. Anschließend schüttelten die Physiker das Quantensystem, indem sie die Laserstärken variierten. Dabei zeigte sich, dass dieses System so stabil ist, dass es keinerlei Durchmischung gibt: Die Kaliumatome hüpfen etwas, ihr Verteilungsmuster im Gitter bleibt aber intakt.

Bestätigung der Theorie

Mit diesem Erfolg bestätigen die Wissenschaftler kürzlich publizierte theoretische Vorhersagen für diesen exotischen Quantenzustand. Dass das neu realisierte, bisher unbekannte Quantensystem über unerwartet lange Zeit stabil bleibt, bestätigten auch numerische High-Performance-Berechnungen von Michael Knap, Rudolf Mößbauer Tenure Track Professor für Kollektive Quantendynamik an der TU München.

Der aktuelle Nachweis könnte neue Möglichkeiten für Anwendungen wie etwa die Entwicklung robuster Quantencomputer eröffnen. Zudem liefern Studien zu exotischen Quantenzuständen neue Erkenntnisse zu wichtigen Grundsäulen der theoretischen Physik.

Die Arbeiten wurden unterstützt mit Mitteln der EU (FP7, UQUAM, AQuS) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über das TUM Institute for Advanced Study und den Exzellenzcluster Nanosystems Initiative Munich (NIM).

Publikation:

Periodically Driving a Many-Body Localized Quantum System
Pranjal Bordia, Henrik Lüschen, Ulrich Schneider, Michael Knap, and Immanuel Bloch
Nature Physics, online, Jan. 30, 2017

Kontakt:

Prof. Dr. Michael Knap
Rudolf Mößbauer Tenure Track Professur für Kollektive Quantendynamik
Technische Universität München
Walter Schottky Institut
Am Coulombwall 4, 85748 Garching
Tel.: +49 89 289 12750E-Mail - Web

Technische Universität München

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