Immuntherapie: Technische Innovationen der TUM rücken Heilmethoden in greifbarere Nähe
T-Zelltherapie bringt Fortschritte im Kampf gegen Krebs und Infektionskrankheiten
Auf T-Zellen gründende Immunität entstand, um Krankheitserreger zu erkennen, zu bekämpfen, und um ein lebenslanges Gedächtnis aufzubauen, das vor wiederkehrenden Erkrankungen schützt. Bei chronischen Krankheiten werden allerdings reaktive T-Zellen oft inaktiv oder sie verschwinden sogar. Dank in jüngster Zeit gemachter Fortschritte ist aber nun die Idee, chronische Infektionen oder sogar Krebs zu bekämpfen, indem man dem Körper neue schützende T-Zellen zuführt, viel realistischer geworden.
Die adoptive T-Zelltherapie ist das Hauptthema des im Rahmen der AAAS 2016 stattfindenden Symposiums "Fighting Cancer and Chronic Infections with T Cell Therapy: Promise and Progress". Bei dieser Therapie erhält ein Patient Killer-Immunzellen, die genau die richtigen Moleküle angreifen, um seine Krankheit zu bekämpfen. Bisher standen einer breiten klinischen Anwendung verschiedene Hindernisse entgegen: Das Finden und Züchten von T-Zellen – ob vom Patient oder von einem passenden Spender, die für den individuellen Krankheitsfall am effektivsten wirken; Die Vermeidung oder Bekämpfung möglicher Nebenwirkungen; und fehlende Methoden, um den Weg von der reinen Forschung in die klinische Anwendung zu verkürzen. Auf dem Symposium berichten die Forscher über Fortschritte in allen drei Punkten und präsentieren Daten von ersten klinischen Studien.
Wirksame Zellen mit Sicherheitsmechanismus
"Die Konkurrenz innerhalb der Wissenschaft ist groß und auch das Interesse der Industrie wächst“, sagt Prof. Dirk Busch. "Wir sind der Überzeugung, dass man vor allem die richtigen Ausgangszellen auswählen muss, um daraus optimale Zellprodukte für die Therapie herzustellen. Hierzu braucht man zusätzlich geeignete klinische Selektionsmethoden. Über die letzten Jahren haben wir von der TUM zusammen mit Stan Riddell, sowie die Arbeitsgruppe von Chiara Bonini, daran gearbeitet, Zellprodukte bereitzustellen, die sich nach der Übertragung in Patienten stark vermehren und für lange Zeit – potentiell lebenslang – aktiv bleiben. Wir fanden eine T-Zell-Untergruppe mit einem hohen regenerativen Potential, bei der sogar eine geringe Zahl übertragener Zellen – in Extremfall eine einzige T-Zelle – eine therapeutische Immunantwort übertragen kann. Busch ergänzt, dass die Verwendung solch potenter Zellen nach Sicherheitsmechanismen verlangt, die mittlerweile ebenfalls entwickelt und demonstriert wurden.
Im Rahmen der Fokusgruppe für klinische Zellverarbeitung und -aufreinigung am TUM Institute for Advanced Study (TUM-IAS) haben Busch, Riddell und Kollegen bei der Suche nach Verfahren, mit denen definierte T-Zell-Untergruppen schnell für die klinische Anwendung selektiert werden können, Pionierarbeit geleistet. Besonders interessant sind die sogenannten zentralen Gedächtnis-T-Zellen (TCMs): TCMs können nach dem Transfer vom Körper gut aufgenommen werden, sich vermehren und für lange Zeit bestehen, auch wenn nur wenige Zellen übertragen werden. TCMs können außerdem genetisch so verändert werden, dass sie Rezeptoren für neuartige Antigene aufweisen, ohne dass sich dies auf ihr in vivo Verhalten auswirkt.
Erste klinische Versuche mit genveränderten T-Zellen, die so genannte chimäre Antigenrezeptoren exprimieren und damit Antigene für die B-Zell-Leukämie (anti-CD19-CAR) erkennen, lieferten herausragende Ergebnisse – einschließlich Fälle kompletter Remission von Blutkrebs im Endstadium. Auch klinische Versuche adoptiver T-Zelltherapien gegen chronische Infektionen verliefen vielversprechend.
Gleichzeitig arbeiten die Forscher an Sicherheitsvorkehrungen, die im Fall von Nebenwirkungen eine selektive Beseitigung der für die Therapie verwendeten, gentechnisch veränderten T-Zellen erlauben. Ein solcher Sicherheitsmechanismus wurde erfolgreich in vorklinischen Studien an Tiermodellen getestet und bereits auf Patienten übertragen. „Wir statten die T-Zellen mit einem Marker aus. So können wir einen Antiköper verabreichen, der ausschließlich an die Zellen bindet, die wir gentechnisch verändert haben“, erklärt Busch. „Wenn der Antikörper an eine Zelle bindet, dann werden Immunreaktionen angestoßen, die diese Zelle beseitigen. Wir nennen das Antiköper-vermittelte Zelltoxizität.“
Insgesamt besteht das Ziel darin, einheitliche und möglichst gut definierte therapeutische Zellprodukte herzustellen und mit Sicherheitsmechanismen auszustatten, damit die adoptive T-Zelltherapie für die Behandlung verschiedener Patienten und Erkrankungen eingesetzt werden kann – auf individueller Basis. "Wir glauben, dass das klinische Ergebnis umso vorhersagbarer sein wird, je besser definiert unsere Zellprodukte sind“, sagt Busch.
Die Technologie-Entwicklung an der TUM hat zur Bildung eines Spin-Off Unternehmens STAGE Cell Therapeutics geführt, das kürzlich mit dem in Seattle angesiedelten Juno Therapeutic fusionierte. Das in München angesiedelte Unternehmen bildet jetzt den europäischen Arm von Juno Therapeutics.
Teile dieser Forschungen wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem TUM Institute for Advanced Study, und von Juno Therapeutics gefördert.
Am 17. und 18. März richtet Prof. Dirk Busch als Sprecher des SFB-TR "Principles and Applications of Adoptive T Cell Therapy" das 3. Internationale Symposium „Adoptive T Cell Therapy“ in München aus.
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