Deutsche Fußballklubs erhalten mehr Investorengelder als englische Vereine
Investorengelder erhöhen Erfolg von Fußballteams, machen die Liga aber weniger spannend
Der Einstieg von Großinvestoren in Fußballklubs wie zum Beispiel Qatar bei Paris Saint-Germain F.C. oder Roman Abramovich beim FC Chelsea wird von UEFA Offiziellen ebenso diskutiert wie von Fans und Medien. Besonders in Deutschland wird der Einfluss von Investoren bei Fans besonders kritisch gesehen, unter anderem, weil sie Nachteile für Vereine mit traditionellen Einkünften wie zum Beispiel den Verkauf von Fernsehrechten, Sponsorenverträge oder Ticketeinnahmen sehen. So gab es ligaweite Proteste als Dietmar Hopp bei TSG 1899 Hoffenheim oder die Red Bull GmbH bei RB Leipzig einstiegen.
Doch schlägt sich Investorengeld wirklich auf den sportlichen Erfolg nieder? Und wie stehen deutsche Fußballklubs im internationalen Vergleich bei Investitionen da? TUM-Wissenschaftler um Prof. Christoph Kaserer, TUM Professor für Finanzmanagement und Kapitalmärkte, haben jetzt erstmals diese Aspekte systematisch untersucht.
Wer investiert wo – über 300 Vereine untersucht
Sie bezogen 303 europäische Fußballklubs aus den ersten und zweiten Ligen in England, Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien in ihre Untersuchungen mit ein. Über 10 Jahre – zwischen 2004 und 2014 – werteten die Wissenschaftler hierfür Finanzreports, Pressemeldungen und Presseartikel aus, um Geldflüsse und Investitionen nachzuvollziehen.
Als Investoren zählten dabei private oder juristische Einheiten als Geldgeber, unabhängig davon, ob sie Anteile am jeweiligen Verein besaßen oder nicht. Auch Sponsorengelder, die direkt oder indirekt von diesen Anteilseignern an den Verein gingen, wurden berücksichtigt. Klassische Sponsoren, also z.B. Trikotsponsoren oder Bandenwerbung, wurden dagegen ebenso wenig berücksichtigt wie Einnahmen aus Fernsehgeldern oder Ticketverkäufen.
Deutschland und Frankreich vorne bei Fußball-Investitionen
Die Wissenschaftler stellten fest, dass in den letzten 10 Jahren die Investorengelder deutlich an Bedeutung zugenommen hatten. Sie stiegen insgesamt von rund 94 Millionen Euro (2004/2005) auf über 800 Millionen Euro (2013/2014). 95 % gingen dabei an Erstliga-Clubs. Während allerdings bis zur Saison 2010/2011 die englischen Vereine deutlich mehr Gelder erhielten, holten in den letzten Jahren Frankreich, Italien, vor allem aber Deutschland auf. 2013/2014 führten Frankreich und Deutschland zu fast gleichen Teilen die Liste an. Deutsche Vereine erhielten 304 Millionen Euro von Investoren, französische Vereine 289 Millionen Euro. In England waren es hingegen nur 63 Millionen Euro im Vergleich zu 533 Millionen Euro in der Saison 2010/11.
Investorengelder vergrößern nationale und internationale Erfolge
Dass sich die Finanzierung über Investoren für Vereine auch lohnt, konnten die Wissenschaftler in ihrer Studie ebenfalls zeigen. Teams, die Gelder von Investoren erhielten, holten im Schnitt mehr Punkte und hatten eine höhere Wahrscheinlichkeit zu siegen als Teams ohne Investorengelder. Auch auf internationaler Ebene konnten die Teams größere Erfolge erzielen, wie die Wissenschaftler anhand von Preisgeldern ermittelten, die die UEFA für die Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb wie Champions League oder Europa League bezahlt. Das gilt insbesondere dann, wenn der Club einen Großinvestor hat.
Zudem erhöhte sich durch Großinvestoren der Marktwert der Teams. „Wenn ein Klub seine Investorengelder um 100 Millionen Euro steigert, bringt das runde 7 Punkte mehr in der Saison. Und noch wichtiger: Der Effekt ist nachhaltig, weil eine Steigerung des durchschnittlichen Marktwertes pro Spieler um 1 Million Euro etwa 3 Punkte pro Saison bringt – für kleine Vereine wäre dies oft die Rettung vor dem Abstieg, allein ist es kaum denkbar, dass sie solche Beträge stemmen können.“, so Kaserer.
Weniger Wettbewerb in den Ligen
Mit der Untersuchung der Wettbewerbsintensität über den Zeitraum von 10 Jahren deckt die Studie aber auch einen klaren Nachteil der Investorengelder auf: Durch den Einstieg von Großinvestoren verringerte sich der Wettbewerb in den großen nationalen Ligen in den fünf untersuchten Ländern signifikant. Für Fans bedeutet das weniger Spannung und vorhersehbarere Ergebnisse. So ist der Punkteanteil der fünf besten Teams in der Bundesliga mittlerweile auf 41% gestiegen. Das ist der Spitzenwert im Vergleich mit den anderen Ligen. Auch bei Betrachtung anderer Maße für Wettbewerbsintensität zeigt sich, dass unter der Zunahme von Investorengeldern die Ausgeglichenheit der nationalen Ligen leidet.
„Die Studie deutet darauf hin, dass es nur einen Weg gibt, wie die Fans Erfolge deutscher Vereine in der Champions League feiern und trotzdem eine spannende Bundesliga genießen können: Auch die kleineren Vereine müssen es schaffen, ihre Etats zu erhöhen. Neue Geldgeber ins Boot zu holen, könnte ein möglicher Weg sein.“, so Kaserer.
Publikation
S. Birkhäuser, C. Kaserer, D. Urban, Investor Presence and Competition in Major European football Leagues, TUM Working Paper, August 2015.
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Kontakt
Prof. Dr. Christoph Kaserer
Technische Universität München
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