• 9.9.2014

Wolfgang A. Herrmann: „Schicksalsfrage des europäischen Wissenschaftssystems“

TUM-Präsident: Europa braucht „echtes“ Tenure-Track-Modell

Prof. Wolfgang A. Herrmann, Präsident der Technischen Universität München (TUM), hat erneut die Notwendigkeit eines akademischen Karrieresystems mit Aufstiegsperspektiven für junge Wissenschaftler betont. Nur so könne der europäische Forschungsraum seine Wettbewerbskraft steigern. Herrmann bekräftigte damit ein jüngst veröffentlichtes Positionspapier der League of European Research Universities (LERU). Konsequent umgesetzt haben das Tenure-Track-Modell bereits die École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) und die TUM, beide Mitglieder der EuroTech University Alliance. Diese Allianz führender Technischer Universitäten ist sich mit der EU-Kommission einig, dass Europa attraktive, leistungsbasierte Berufungssysteme braucht. Auch der deutsche Wissenschaftsrat hatte jüngst empfohlen, einen „signifikanten Anteil aller Professuren“ mit einem verbindlichen Tenure Track auszuschreiben.

TUM-Präsident Prof. Wolfgang A. Herrmann hat erneut die Notwendigkeit eines akademischen Karrieresystems mit Aufstiegsperspektiven für junge Wissenschaftler betont. (Bild: A. Heddergott / TUM)
TUM-Präsident Prof. Wolfgang A. Herrmann hat erneut die Notwendigkeit eines akademischen Karrieresystems mit Aufstiegsperspektiven für junge Wissenschaftler betont. (Bild: A. Heddergott / TUM)

„Wo Tenure Track draufsteht, ist in den seltensten Fällen ein echter Tenure Track drin“, sagte Herrmann. „Es reicht nicht, Professuren auf dem Eingangsniveau zu entfristen. Wir müssen den jungen Talenten schon zu Beginn ihrer Professorenlaufbahn den Aufstieg im System garantieren – wenn sie denn die gesetzten Aufstiegskriterien erfüllen. Nur mit solchen Karriereangeboten wird Europa im scharfen weltweiten Wettbewerb bestehen können. Angesichts des Renommee-Vorsprungs vieler angloamerikanischer Universitäten und der massiven Investitionen asiatischer Hochschulen handelt es sich hier um die Schicksalsfrage des europäischen Wissenschaftssystems.“

Bei ihrer europapolitischen Auftaktveranstaltung zum Thema Tenure Track 2013 in Brüssel waren sich EU-Vertreter und die EuroTech Universities einig. Robert-Jan Smits, Generaldirektor für Forschung und Innovation der EU-Kommission, sagte: „Wenn wir den Europäischen Forschungsraum vollenden wollen, brauchen die europäischen Universitäten offene, transparente und leistungsbasierte Rekrutierungssysteme, die talentierten Wissenschaftlern dauerhafte Karrieren ermöglichen.“

Vor zwei Monaten hat dann auch der deutsche Wissenschaftsrat empfohlen, einen signifikanten Anteil aller Professuren an Tenure-Track-Verfahren zu koppeln. Der Vorsitzende Prof. Manfred Prenzel sagte: „Wir empfehlen einen echten Tenure Track, keine rechtlich unverbindliche Option. Damit lassen sich die eigenen Chancen auf eine Professur besser einschätzen. Universitäten wird er dabei helfen, talentierte und ambitionierte Personen für eine Hochschullehrertätigkeit zu gewinnen.“

100 neue Tenure-Track-Professuren

Die TUM hat 2012 ihr Berufungssystem grundlegend geändert und praktiziert damit bereits jetzt diese Empfehlungen. Bis 2020 wird sie nicht nur einen Teil der frei werdenden Stellen im Tenure-Track-Verfahren  neu ausschreiben, sondern auch 100 neue Tenure-Track-Professuren schaffen – bei heute rund 500 bestehenden Professuren. Die Finanzierung ist durch eine verbreiterte Budgetbasis möglich (Exzellenzinitiative, Stiftungen, bayerisches Sonderprogramm „Steigende Studierendenzahlen“, hochschulinterne Umwidmungen). 

Herausragende Nachwuchskräfte mit internationaler Erfahrung starten als Assistant Professors (W2) auf den „TUM Faculty Tenure Track“. Sie arbeiten bereits in dieser Zeit eigenständig mit allen professoralen Rechten und bekommen besondere Förderung durch die Universität. Bei entsprechender Leistung steigen sie nach sechs Jahren garantiert auf eine unbefristete W3-Stelle als Associate Professor auf, mit der Option, später Full Professor zu werden (ebenfalls W3, mit erweiterter Ausstattung). Erfüllen sie die von Anfang an bekannten Aufstiegskriterien nicht, endet ihre Laufbahn an der TUM, wie dies international üblich ist.

Junge Spitzenkräfte von MIT, Cambridge und Harvard abgeworben

In kürzester Zeit hat sich gezeigt, dass dieses Modell für junge Spitzenkräfte höchst attraktiv ist. Seit 2012 hat die TUM 31 Assistant Professors mit 13 Nationalitäten berufen, die im Schnitt 35 Jahre alt sind. Sie kommen überwiegend unmittelbar aus dem Ausland, unter anderem von den Universitäten in Cambridge, Harvard und Berkeley, vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) sowie der ETH Zürich. Unter den Neuen sind viele Preisträger, die etwa mit einem ERC Starting Grant (EU) oder einem Heisenberg-Stipendium (DFG) an die TUM kommen, weil sie hier von Anfang an auf den späteren Karriereaufstieg setzen können.

Das Berufungssystem der TU München gilt inzwischen als Best-Practice-Modell, das einen Kulturwandel in der deutschen Hochschullandschaft angestoßen hat. „Eine neue Dynamik im Professorenkollegium ist bereits jetzt spürbar“, sagt Präsident Herrmann.

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