• 11.7.2012

Forscher identifizieren Kaliumkanal als Ziel von Autoantikörpern

Multiple Sklerose: Neuer Marker könnte Diagnose erleichtern

Die Diagnose der Multiplen Sklerose (MS) ist auch für erfahrene Neurologen eine Herausforderung: Die Symptome der Autoimmunkrankheit sind vielfältig und oft nicht einheitlich. Wissenschaftler haben jetzt neue Erkenntnisse zur Immunreaktion bei MS gewonnen, die zur Verbesserung der MS Diagnostik beitragen könnten. Im Blut von MS-Patienten entdeckten sie Antikörper, die sich gegen einen bestimmten Kaliumkanal in der Zellmembran richten. Kaliumkanäle spielen eine wichtige Rolle bei der Weiterleitung von Reizen an Muskel- und Nervenzellen – genau diese Vorgänge sind bei der MS beeinträchtigt. Die Arbeit wird in der aktuellen Ausgabe des „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht.

Autoantikörper binden an  Gliazellen
Im MS-Serum ist die Bindung des Autoantikörpers an die Zellmembran der Gliazellen erkennbar (rechts). Links die Blutprobe eines Patienten mit einer anderen neurologischen Erkrankung - Bild: KKNMS

Erstmals konnten die Wissenschaftler des Krankheitsbezogenen Kompetenznetzes Multiple Sklerose einen Antikörper nachweisen, der an den Kaliumkanal KIR4.1 bindet. „Diesen Autoantikörper haben wir bei fast der Hälfte der untersuchten MS-Patienten gefunden“, erklärt Bernhard Hemmer, Professor für Neurologie am Klinikum rechts der Isar der TU München. Bei Gesunden war der Antikörper nicht nachweisbar. Die Beobachtungen könnten darauf hinweisen, dass KIR4.1 ein Ziel der Autoimmunreaktion bei der MS darstellt. Menschen und Tiere, denen KIR4.1 fehlt, haben neurologische Ausfälle und können ihre Bewegungen nicht richtig koordinieren. Außerdem ist bei ihnen der Aufbau des Myelins, der schützenden Isolierschicht um die Nervenzellen, gestört.

KIR4.1 findet sich vor allem in der Membran so genannter Gliazellen, die für den Stoffwechsel im Gehirn und den Aufbau der Myelinschicht zuständig sind. In Folgestudien prüfen die Neurologen nun, welche Bedeutung der KIR4.1-Antikörper für die Entstehung von MS hat. Da der Autoantikörper nur sehr selten bei Menschen mit anderen neurologischen Erkrankungen vorkommt, könnte er künftig als wichtiger Marker die MS-Diagnostik ergänzen. „Der Autoantikörper könnte zur Verbesserung der MS-Diagnostik beitragen und uns bei der Abgrenzung zu anderen neurologischen Erkrankungen unterstützen“, meint Hemmer abschließend. Auch dies wird Gegenstand weiterer Studien sein.

Die Studie wurde im Rahmen des KKNMS (Forschungsverbund CONTROLMS) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Originalpublikation:
New England Journal for Medicine,  „Potassium channel KIR4.1 as an immune target in multiple sclerosis“ (DOI 10.1056/NEJMoa1110740).

Bildmaterial:

http://mediatum.ub.tum.de/

Kontakt:
Prof. Dr. Bernhard Hemmer
Leiter der Neurologischen Klinik am Klinikum rechts der Isar/Vorstandsmitglied Krankenbezogenes Kompetenznetz Multiple Sklerose
Tel: +49.89.4140-4601
E-Mail: hemmerspam prevention@lrz.tum.de

Pressemitteilung des Kompetenznetes Multiple Sklerose

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