• 12.11.2021
  • Lesezeit: 3 Min.

Mehr Strom, weniger Kohlendioxid

Erfolg bei der Carbon Removal Student Competition

Biogas ist ein wichtiger Faktor bei der Umsetzung der Energiewende. Doch der Wirkungsgrad der Anlagen lässt sich noch steigern. Forscher der Technischen Universität München (TUM) haben ein Anlagenkonzept entwickelt, das mehr Strom produzieren und klimafreundlicher arbeiten soll. Damit überzeugte das Team auch bei der XPRIZE Carbon Removal Student Competition, die durch die Stiftung des Unternehmers Elon Musk gefördert wird. Die Doktoranden und jungen Forscher gewannen im weltweiten Wettbewerb eine Anschubförderung für die Umsetzung ihres Konzepts von bis zu 250.000 US-Dollar.

F. Vogl / TUM
(V. li.) Maximilian Hauck, Felix Fischer und Jeremias Weinrich an der Prototypanlage in Erding.

Biogasanlagen verwandeln organisches Material in Strom und Wärme. Gülle, Pflanzenreste oder auch extra für diesen Zweck angebaute Energiepflanzen wie Mais und Getreide werden zunächst von Mikroorganismen zersetzt. Dabei entsteht das sogenannte Biogas, eine Mischung aus Methan und Kohlendioxid.

Methan ist bekannt als Hauptbestandteil von Erdgas. Es ist auch der Teil des Biogases, der in den Motoren der konventionellen Blockheizkraftwerke als Brennstoff genutzt wird, um Elektrizität zu erzeugen. „Ein großer Teil der Energie wird im Motor aber nicht zu Strom umgewandelt, sondern zu Wärme“, sagt Dr. Stephan Herrmann, Leiter der Arbeitsgruppe für Elektrochemische Energiewandlung am Lehrstuhl für Energiesysteme der TUM.

Brennstoffzellen statt Motoren

Eine Alternative zu den Motoren bieten sogenannte Hochtemperatur-Brennstoffzellen. Diese nutzen elektrochemische Prozesse, um aus Biogas Strom zu erzeugen und erreichen einen höheren Wirkungsgrad. „Allerdings wird in kommerziell verfügbaren Anlagen nicht das volle Potenzial der Brennstoffzellen ausgenutzt“, erklärt Herrmann. Es entstehen Brennstoffreste, die verbrannt werden. „Ein großer Teil der chemischen Energie des Biogases geht durch die Abgasnachbehandlung verloren.“

Er und seine Kollegen haben im vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Vorhaben BioCORE ein alternatives Anlagenkonzept mit Hochtemperatur-Brennstoffzellen erarbeitet. Die jungen Forscher haben die patentierte Technik bereits in einem Container als Prototypanlage umgesetzt und konnten die Machbarkeit des Systems zeigen.

Hoher Wirkungsgrad und zwei Betriebsmodi

„Wir haben in unserer Anlage einen geschlossenen Kreislauf verbaut“, erklärt Herrmann. „So haben wir keine Brenngasverluste, sondern eine nahezu 100-prozentige Nutzung des Methans. Als Abgas entsteht lediglich reines Kohlendioxid, das gespeichert und dann weiter verwertet werden kann.“ Mithilfe einer Dampfturbine kann die in den Brennstoffzellen entstehende Wärme zusätzlich in Strom umgewandelt werden. „Wir kommen so perspektivisch auf einen bisher nicht erreichbaren elektrischen Wirkungsgrad von 80 Prozent.“

Das Besondere an diesem System: Die Hochtemperatur-Brennstoffzellen haben noch einen zweiten Betriebsmodus: Wird ihnen Strom zugeführt, kann Kohlendioxid mit Wasserdampf wieder in Methan umgewandelt werden. Das im Normalbetrieb erzeugte Kohlendioxid kann so wieder genutzt werden. Das Methan könnte in das bestehende Erdgasnetz eingespeist und über Monate ohne größere Verluste gespeichert werden.

Feldversuch in Erding

Bisher konnten die Forscher ihre Anlage auf dem Campus in Garching testen und nutzten dort Erdgas. Nun sind sie mit ihrem Container nach Erding umgezogen und haben die Prototypanlage an einer lokalen Biogasanlage erfolgreich in Betrieb genommen.

Lehrstuhlleiter Prof. Hartmut Spliethoff ist von dem Konzept überzeugt. „Es handelt sich um ein komplett neues und anwenderorientiertes Systemdesign“, erklärt er. „Bisher ist noch niemand auf die Idee gekommen, diese Komponenten so zu verschalten, dass die Biogasanlage als Kreislauf betrieben werden kann. Besonders die Steuerungssysteme der Anlage erfordern viel Fachwissen und Tüftelei.“

Wissenschaftsminister Bernd Sibler gratuliert: „Erneut ein herausragender Erfolg für die Studentinnen und Studenten der TUM. Herzlichen Glückwunsch! Die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben wieder einmal bewiesen, dass bayerisches Knowhow zu technischem Fortschritt beiträgt und für zukunftsfähige neue Wege sorgt. Dass Ressourcen effizient ausgenutzt werden und der Wirkungsgrad bei der Energiegewinnung gesteigert wird, sind elementare Bausteine für eine erfolgreiche Energiewende und von großer Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland.“

Auch international konnte das Team überzeugen: Das Projekt gehört zu den Gewinnern der „XPRIZE Carbon Removal Student Competition“ und wird mit bis zu 250.000 US-Dollar gefördert. Die Carbon Removal Student Competition ist Teil des Wettbewerbs „XPRIZE Carbon Removal“, den die Musk-Foundation fördert. Ziel ist es, Technologien zur Entfernung von Kohlendioxid aus der Erdatmosphäre zu entwickeln.

Weitere Informationen und Links

Technische Universität München

Corporate Communications Center

Kontakte zum Artikel:

Dr.-Ing. Stephan Herrmann
Technische Universität München
Lehrstuhl für Energiesysteme
Tel: 089 289 16279
stephan.herrmann@tum.de

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