• 12.12.2024
  • Lesezeit: 1 Min.

TUM Venture Lab Food / Agro / Biotech

Sprungbrett für Biotech-Start-ups

Die TUM Venture Labs sind ein weiterer Baustein im ausgezeichneten Gründungsökosystem unserer Universität – wir haben das für Food / Agro / Biotech in Weihenstephan besucht.

Astrid Eckert / TUM

Ideenschmiede, Treffpunkt, Co-Working-Space, Hightech-Experimentierstube – all das ist das TUM Venture Lab Food / Agro / Biotech (FAB) auf dem Campus Weihenstephan, wo es im TUM FACIT beheimatet ist. Es ist eines der ersten von mittlerweile elf Venture Labs und hat ein Ziel: Studierende und Forschende zu unterstützen, die an Ideen tüfteln, um daraus ein Produkt oder eine Dienstleistung zu entwickeln und erfolgreich auf den Markt zu bringen.

Vielen ist das schon gelungen. 120 Start-ups hat das Venture Lab FAB begleitet, mehr als 500 sind es über alle Venture Labs der TUM hinweg. „Wir begleiten durch den gesamten Gründungsprozess von der Ideenfindung über das Einwerben von Fördergeldern oder Startkapital bis zur Fertigung von Prototypen“, sagt Academic Director Prof. Arne Skerra.

„Zusammen mit TUM Entrepreneurship und der TUM Gründungsberatung fördern wir den Ideenaustausch, helfen bei der Erstellung des Businessplans inklusive der Marktanalyse, bei Fragen rund um Patentierung und unterstützen mit Kontakten in die Industrie und zu Investoren.“

Zahlreiche Veranstaltungen im Venture Lab bieten Gelegenheiten für Wissensaustausch und Vernetzung: von den FAB Talks über Stammtische für Gründerinnen und Gründer zu Hackathons und monatlichen Open House Days als niederschwellige Angebote für Interessierte.  

Die Infrastruktur des Venture Lab macht vieles möglich: Im Herzen des Campus Weihenstephan eröffnet sich ein einzigartiger Schaffensort. Im Erdgeschoss reiht sich Labor an Labor. Hinter jeder Tür arbeiten Gründungsteams und können auf die hervorragende Ausstattung mit Geräten für Forschung und Entwicklung bis hin zur Prototypenproduktion zurückgreifen. Biowissenschaften und -technologie, Agrartechnologie, Forstwirtschaft, Nahrungsmittel und Getränke, Produktions- und Verarbeitungstechnologien sind unter anderem die Themen. Für Unternehmensgründungen im Lebensmittelbereich gibt es Labore, die besondere Hygienestandards erfüllen.
Mit der BayWa AG und Dr. Oetker Nahrungsmittel KG bringen sich zwei namhafte Unternehmen aus den Bereichen Agrar und Lebensmittel aktiv mit ihrer Expertise ein und fördern das Ökosystem gemeinnützig. Sie beraten Gründungsteams, stellen Kontakte her und sind aktiv bei Veranstaltungen beteiligt.

Veganer Fischersatz erobert den Markt

Hier entwickelte das Vater-Tochter-Team von Koralo ein Produkt, das inzwischen erfolgreich in Südkorea auf den Markt gebracht wurde: Veganer Fischersatz aus Mikroalgen und dem Myzel von Pilzen, die zusammen fermentiert werden. 

Dr. Guido Albanese hat an der TUM Chemie studiert und lange in der Industrie gearbeitet. Bei einem Strandspaziergang entwickelte er mit seiner Tochter Sina die Idee, aus Meeresalgen ein schmackhaftes und gesundes Lebensmittel zu kreieren.  „Von der Idee bis zum fertigen Produkt haben wir den gesamten Prozess im Venture Lab durchlaufen und dabei in jeder Phase von unterschiedlichen Angeboten profitiert“, sagt Guido Albanese. Zu Beginn habe das Team vor allem die Laborausstattung genutzt, um das Verfahren zu testen und zu entwickeln, und im weiteren Verlauf vom großen Netzwerk innerhalb der TUM profitiert: „Wir haben mit drei Lehrstühlen eng zusammengearbeitet“, berichtet er weiter. „Das hat nicht nur unsere Kompetenz erweitert, wir haben auch wertvolle Hinweise bekommen, was der besondere Produktnutzen sein könnte.“

Insgesamt haben über ein Dutzend Studierende das Gründungsteam begleitet, einige haben ihre Bachelorarbeit verfasst, andere ein Studienpraktikum absolviert. Und alle profitieren: Die Studierenden vom Einblick in die Entstehung eines Deep Tech-Produkts, das Team von den Ideen und dem topaktuellen Wissen der Studierenden. 

Neben dem wissenschaftlich-technologischen Input durfte die Geschäftsentwicklung nicht außer Acht gelassen werden. In den Inkubationsprogrammen „XPLORE“ und „XPRENEURS“ der UnternehmerTUM fanden Sina und Guido Albanese die richtigen Expertinnen und Experten.

Nach der erfolgreichen Produkteinführung in Südkorea hat das Team seine Fischalternative weiterentwickelt und für die hohen Ansprüche des südkoreanischen Marktes optimiert. Erste Abnehmer sind Restaurants, nun soll der Großhandel dazukommen. Und auch auf dem US-amerikanischen Markt will das Team Fuß fassen.

Bis dahin läuft die Arbeit im Venture Lab weiter. Nun geht es um kontinuierliche Produkt- und Prozess-Verbesserungen und die Skalierbarkeit. Dafür wurde in der Maschinenhalle eine Pilotanlage mit einem 100-Liter-Fermenter in Betrieb genommen. Nach der erfolgreichen Gründung nutzt die Firma die Infrastruktur als Mieterin.

Forschung und Entrepreneurship an einem Ort

Die Nähe zu den Lehrstühlen, Professuren und wissenschaftlichen Einrichtungen der TUM School of Life Sciences ist ein riesiger strategischer Vorteil. Nicht nur, weil hier viele der Ideen entstehen, die im Venture Lab weiterentwickelt werden. Auch die Laboreinrichtungen und Geräte stehen den Teams zur Verfügung. In der riesigen Maschinenhalle vermischen sich Wissenschaft und Entrepreneurship. Einige der Anlagen werden gemeinsam mit Lehrstühlen betrieben. Teilweise sind auch Unternehmen beteiligt. 
Die Aufbruchsstimmung ist im Venture Lab FAB überall zu sehen und zu spüren. Beim Rundgang mit Managing Director Dr. Roman Werner ist nicht jedes Labor besetzt: „Viele Teams kommen erst spätnachmittags nach den Vorlesungen oder ihrem normalen Arbeitstag am Lehrstuhl“, erklärt er. Andere sitzen am Laptop und tüfteln an ihrer Software, hantieren an einem Forschungsgerät oder bereiten einen Versuch vor. Jeden kennt der Manager persönlich. Er erkundigt sich nach den Arbeitsfortschritten, lädt für später zu einem Kaffee und Gespräch ein.  Einer Gründerin drückt er die Daumen, dass sie bald ein EXIST-Gründungsstipendium bekommt. Bei der Bewerbung für solche staatlichen Förderprogramme erhalten die Teams Unterstützung von der TUM Gründungsberatung.

Die Netzwerkarbeit läuft im Venture Lab auf Hochtouren: auf dem Campus, innerhalb der TUM und weit darüber hinaus mit staatlichen Fördereinrichtungen, der Politik sowie Stiftungen und Unternehmen. In der TUM hat beispielsweise das Hans Eisenmann-Forum jüngst mit einem „Pitch Event“ ein Schlaglicht auf Unternehmensgründungen geworfen. Das siegreiche Team Karevo hat ein vollautomatisches Verfahren zur Erkennung und Sortierung von Kartoffelschäden entwickelt, das kleine und mittelgroße landwirtschaftliche Betriebe in bestehende Anlagen nachrüsten können.
Ein wichtiger institutioneller Partner ist EIT Food, das größte Innovationsnetzwerk in Europa zum Thema Ernährung, Lebensmittel und Landwirtschaft. Ein gemeinsames Projekt ist „Food Entrepreneurship Made in Bavaria“. Darin unterstützen TUM Venture Labs und EIT Food mit dem Bayerischen Wirtschaftsministerium Ideen und Unternehmensgründungen, die dazu beitragen, die Umwelt zu schützen und das Beste aus den vorhandenen Ressourcen zu machen.

Innovationen brauchen Mut zum Risiko

Bei unserem Rundgang treffen wir auch TUM-BWL-Absolventin Nathalie Stellwag. Sie arbeitet an einem Verfahren, um aus Biertreber, den bei der Bierherstellung anfallenden Rückständen, eine Milchalternative mit hohem Proteingehalt herzustellen. Biochemiker Dr. Mahmoud Masri wiederum arbeitet an einem Palmöl-Ersatz. Er bringt Hefen dazu, in (großen) Bioreaktoren Öl zu erzeugen. Dies kann dazu beitragen, die umweltschädliche Produktion von Palmöl zu reduzieren.

Ob sie und die vielen anderen Teams mit ihren Unternehmen am Markt ankommen, weiß niemand. Trotz großartiger Ideen und viel Enthusiasmus kann es sein, dass es im Gründungsprozess irgendwann nicht mehr weitergeht. Dass in Deutschland dann oft vom „Scheitern“ die Rede ist, sieht Roman Werner kritisch. Das sei in den USA ganz anders. Dort werden Erfahrungen gesammelt. Und auch wenn eine Idee letztlich nicht zum unternehmerischen Erfolg führt, lassen sich die meisten nicht entmutigen. Sie greifen ein neues Thema auf und gründen erneut. „Wir brauchen eine risikoaffinere Öffentlichkeit“, sagt Roman Werner. Verglichen mit den USA fließt hierzulande auch deutlich weniger Risikokapital.

In Europa bietet die TUM im Verbund mit der UnternehmerTUM die besten Bedingungen für Start-ups, wie jüngst das Ranking „Europe’s Leading Start-Up Hubs“ der Financial Times belegte. Dazu trägt neben der hervorragenden Infrastruktur auch die feste Integration von Entrepreneurship-Kursen in die Studiengänge bei. Auch andere internationale Medien bewerten das Ökosystem von TUM und UnternehmerTUM als herausragend und ziehen sogar Vergleiche zum Silicon Valley. „An einem gerade laufenden bundesweiten Wettbewerb für Entrepreneurship-Zentren durften wir mit dem Erfolgsgespann aus TUM und UnternehmerTUM gar nicht teilnehmen — wir sind das Vorbild“, schmunzelt Roman Werner.

Weitere Informationen und Links
  • Die TUM Venture Labs sind als direkte Anlaufstellen und örtliche Einrichtungen in den Schools eine Weiterentwicklung der sehr erfolgreichen Angebote für Gründungsinteressierte von TUM und UnternehmerTUM. Als eine der ersten Universitäten in Deutschland unterstützt die TUM schon seit den frühen 2000er-Jahren aktiv Ausgründungen und hat Entrepreneurship-Themen in die Ausbildung der Studierenden aufgenommen. 
  • Ein kurzes Video gibt Einblicke in die Arbeit des TUM Venture Lab FAB
  • Die Angebote der TUM für Gründungsinteressierte finden Sie bei TUM Entrepreneurship
  • Ein Beitrag aus der ersten Ausgabe des neuen TUM Magazins. 

Technische Universität München

Kontakte zum Artikel:

TUM Venture Lab FAB
Dr. Roman Werner
Managing Director
Maximus-von-Imhof-Forum 2
85354 Freising
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