Möglicher Auslöser für Radiodermatitis bei Krebsbehandlung
Bakterien beeinflussen Risiko für Hautentzündungen bei Strahlentherapie
Warum Radiodermatitis nur einen Teil der Behandelten betrifft, war bislang unklar. Die neue Studie der Technischen Universität München (TUM) und seines Klinikums rechts der Isar in Kooperation mit der Universität Augsburg und Helmholtz Munich hat die Rolle der Mikroben auf der Haut hierfür untersucht. „Die Hautflora besteht aus Hunderten verschiedener Arten von Mikroorganismen“, sagt Dr. Claudia Hülpüsch, Leiterin des Fachbereichs „Functional Microbiomics“ am Lehrstuhl für Umweltmedizin der Universität Augsburg. „Manche von ihnen, die sogenannten kommensalen Bakterien, kommen bei gesunden Menschen in hoher relativer Anzahl vor und sind Teil der Hautbarriere. Sie fungieren als eine Art natürlicher Schutz – sie verhindern beispielsweise, dass sich schädliche Bakterien oder Pilze zu stark vermehren.“
20 Patientinnen untersucht
Für die Pilotstudie wurden 20 Frauen mit Brustkrebs untersucht. Alle Probandinnen erhielten für den Zeitraum von sieben Wochen eine Strahlentherapie. Vor dem ersten Termin und danach im Wochenabstand nahmen die Forschenden bei jeder Patientin zwei Hautabstriche – einen von der bestrahlten und einen von der unbestrahlten Brust. In diesen Abstrichen bestimmten sie die Zahl und Zusammensetzung der Mikroorganismen. „Bei der Analyse haben wir festgestellt, dass vier Frauen vor Beginn der Bestrahlung eine ungewöhnliche Hautflora aufwiesen“, sagt Prof. Avidan Neumann vom Lehrstuhl für Umweltmedizin der Universität Augsburg und Wissenschaftler bei Helmholtz Munich. „Bei ihnen waren die kommensalen Bakterien unterrepräsentiert. Das galt sowohl für die gesunde als auch die erkrankte Brust.“
Nur bei diesen vier Patientinnen entwickelte sich im Laufe der Behandlung eine schwere Radiodermatitis. Die anderen 16 Teilnehmerinnen überstanden die Strahlentherapie dagegen mit milden oder moderaten Hautschädigungen. In den ersten Wochen der Therapie nahm zudem bei den vier auffälligen Patientinnen die Gesamtzahl der Bakterien schon vor den sichtbaren schweren Symptomen stark zu und gegen Ende wieder ab. Bei den anderen Probandinnen blieb sie dagegen weitgehend unverändert.
Desinfektion verringert Dermatitis-Wahrscheinlichkeit
„An der Zusammensetzung der Hautbakterien vor der Strahlentherapie scheint sich ablesen zu lassen, welche Frauen ein besonders großes Risiko für eine Radiodermatitis tragen“, sagt Privatdozent Dr. Kai Borm von der Klinik für RadioOnkologie der TUM. „Das hilft beim Verständnis dieser Nebenwirkung und ermöglicht es perspektivisch, zielgenau eine vorbeugende Maßnahme zu ergreifen, die eine Strahlentherapie für diese Patientinnen noch besser verträglich machen kann.“ Denn erste Studien zeigen, dass eine gründliche Desinfektion der Hautoberfläche die Wahrscheinlichkeit einer späteren Entzündung verringert. „Wir sind zudem gespannt, ob sich unsere Ergebnisse auch auf Patientinnen und Patienten mit anderen Tumorerkankungen, zum Beispiel im Hals-Nasen-Ohren-Bereich oder mit Sarkomen, übertragen lassen, da bei diesen ein besonders hohes Risiko für eine schwere Radiodermatitis besteht.“
Die Forschenden sehen in diesen Ergebnissen großes Potential und denken schon an die nächsten Schritte und planen größere Studien mit mehr Patient:innen und anderen Tumoren, um die Ergebnisse abzusichern. Ziel ist sowohl die Vorhersage als auch die gezielte Prophylaxe einer Radiodermatitis.
C. Hülpüsch, A. U. Neumann, M. Reiger, J. C. Fischer, A. de Tomassi, G. Hammel, C. Gülzow, M. Fleming, H. Dapper, M. Mayinger, C. Ertl, S. E. Combs, C. Traidl-Hoffmann, K. J. Borm. „Association of Skin Microbiome Dynamics With Radi-odermatitis in Patients With Breast Cancer“; JAMA Oncology (2024) ; DOI:10.1001/jamaoncol.2023.6533
Technische Universität München
Corporate Communications Center
- Paul Hellmich
- paul.hellmich @tum.de
- presse @tum.de
- Teamwebsite
Kontakte zum Artikel:
PD Dr. Kai J. Borm & Prof. Stephanie E. Combs
Technische Universität München (TUM)
Klinikum rechts der Isar
Klinik für RadioOnkologie und Strahlentherapie
direktion.radonk @mri.tum.de
Tel.: +49 (0) 089 4140-4501
https://radioonkologie.mri.tum.de/