Neuer Impfansatz gegen chronische Infektionen
Internationales Forscherteam entdeckt ein neues Impf-Prinzip
Die Entdeckung und Entwicklung der Impfung ist eine Erfolgsstory in der Medizin. Mit einem kleinen „Piks“ lässt sich seit vielen Jahren gegen infektiöse Krankheitserreger impfen, welche die großen Seuchen verursacht haben, gegen die die Menschheit früher machtlos war - wie zum Beispiel Pocken, Kinderlähmung, Röteln, Masern und Keuchhusten. „Der Nachteil ist jedoch, dass die Impfung prophylaktisch erfolgen muss, also bevor der Erstkontakt mit dem Erreger stattfindet“, sagt Prof. Dr. Percy Knolle, Direktor des Instituts für Molekulare Immunologie der TU München. Ein Impfschutz im Nachhinein ist deshalb auch für die verbreiteten chronischen Infektionen mit Hepatitis-Viren nicht möglich. Dabei können sich diese Infektionen zu einer chronischen Leberentzündung mit Organschäden weiterentwickeln und schließlich in eine gefährliche Leberzirrhose oder Leberkrebs münden.
Das neue Impfprinzip bekämpft erfolgreich chronische Infektionen
Die Wissenschaftler um Prof. Knolle haben mit ihren Kollegen vom Helmholtz Zentrum München, der Universität Bonn sowie weiteren nationalen und internationalen Instituten in Tiermodellen eine vielversprechende Entdeckung gemacht. „Wir haben ein neues Impfprinzip gefunden, mit dem auch chronische Infektionen bekämpft werden können“, berichtet Prof. Knolle. Durch konventionelle Impf-Verfahren wird das immunologische Gedächtnis in lymphatischen Organen wie Milz und Lymphknoten verstärkt, wodurch es vor allem zu einer Vermehrung von T Zellen kommt, die Erreger wiedererkennen und abtöten können – aber nur wenn dieser Erreger nicht bereits eine chronische Infektion etabliert hat. Dagegen ermöglicht der neu entdeckte Weg eine bisher nicht geahnte starke Proliferation der T Zellen, die dann auch bereits lange bestehende chronische Infektionen eliminieren können.
T Zellen vermehren sich rasant in der Leber
Das internationale Forscherteam hat die Leber als Ort entdeckt, in dem sich die ursprünglich im Lymphknoten aktivierten T Zellen rasant vermehren können. „Das ist ein essentieller Schritt, um chronische Infektionserkrankungen wie die Hepatitis B behandeln zu können“, sagt Prof. Ulrike Protzer. „In vielen kleinen kokon-artigen Räumen in der Leber, die von einer besonderen Population von Immunzellen gebildet werden, werden binnen kürzester Zeit aus einer T Zelle rund 100 weitere Zellen produziert“, ergänzt Prof. Heikenwälder, beide Helmholtz Zentrum München und TU München. Diese außergewöhnliche Vermehrung der T Zellen in der Leber ist die Basis für die Effizienz der therapeutischen Impf-Strategie der Wissenschaftler.
Ein Grundprinzip für viele medizinische Anwendungen
„Wir haben hier ein immunologisches Grundprinzip gefunden, das sich auf verschiedene Anwendungsgebiete übertragen lässt“, resümiert Prof. Knolle. Es erscheint eine verlockende Perspektive, dass sich mit dem entschlüsselten Signalweg nun therapeutische Impfungen gegen die häufigen chronischen Infektionen durch Hepatitis-Viren oder Malaria-Parasiten aber möglicherweise auch gegen Leberkrebs durchführen lassen. Der Immunologe warnt jedoch vor vorschnellen Erwartungen: „Die Durchführung klinischer Tests wird erst in einigen Jahren möglich sein, wenn alle vorbereitenden Untersuchungen abgeschlossen sind.“
Publikation: Intrahepatic myeloid cell-aggregates enable local CD8+ T cell proliferation and successful immunotherapy against chronic viral liver infection, „Nature Immunology“, DOI: 10.1038/ni.2573
Kontakt:
Prof. Dr. Percy A. Knolle
Technische Universität München
Klinikum rechts der Isar
Institut für Molekulare Immunologie
T: 089/4140-6920
E: percy.knolle @tum.de
Prof. Dr. Mathias Heikenwälder, Prof. Dr. Ulrike Protzer
Technische Universität München / Helmholtz Zentrum München
Institut für Virologie
T: 089/4140-6886
E: protzer; @tum.deheikenwaelder @helmholtz-muenchen.de
Technische Universität München
Corporate Communications Center
- Tina Heun-Rattei
- Heun @zv.tum.de
- presse @tum.de
- Teamwebsite