• 11.10.2022
  • Lesezeit: 5 Min.

Expedition zu römischen Smaragdbergwerken in Ägypten

TUM-Edelsteinexperte Prof. Gilg weltweit gefragt

Prof. H. Albert Gilg ist weltweit ein gefragter Experte für die Identifizierung von Edelsteinen in historischen Objekten und die Bestimmung ihrer Herkunft. Der Rohstoffgeologe arbeitet am Lehrstuhl für Ingenieurgeologie der Technischen Universität München (TUM). In diesem Jahr war er auf Expedition im römischen Smaragdabbaugebiet Mons Smaragdus im Wādī-el-Gimāl-Ḥamāṭa-Nationalpark in Ägypten.

Rohstoffgeologe Prof. H. Albert Gilg ist Experte für Edelsteine. A. Heddergott / TUM
Rohstoffgeologe Prof. H. Albert Gilg ist Experte für die Identifizierung von Edelsteinen und die Bestimmung ihrer Herkunft.

Herr Prof. Gilg, wie kam es dazu, dass Sie in Ägypten antike Smaragdbergwerke erkunden?

Ich bin Rohstoffgeologe und habe an der TUM sehr viel zur Lagerstättenbildung, auch von Edelsteinen wie den Smaragden, geforscht. Darüber hinaus haben wir in unserem Labor viele Geräte, wie die Röntgenbeugungs- und Röntgenfluoreszenz-Analyse, Raman-Spektroskopie und Polarisations-Mikroskopie, mit welchen wir die Art, Zusammensetzung und vor allem Einschlüsse von Edelsteinen und damit häufig auch ihre Herkunft bestimmen können. Manche dieser Geräte sind sogar portabel und die Analytik kann in Museen oder bei Ausgrabungen eingesetzt werden. Momentan haben wir viele Kooperationsprojekte mit den Münchner Museen. Es gibt ja nicht so viele Fachleute in diesem Gebiet, daher werde ich oft für Untersuchungen und Vorträge angefragt, aktuell zum Beispiel in Wien in der weltlichen Schatzkammer des Kunsthistorischen Museums. Dort sollen die Edelsteine der Reichskrone erforscht werden. Die demnächst geplanten chemischen Analysen und deren Auswertung soll ich als Experte wissenschaftlich begleiten.

Auch für die Expedition in Ägypten waren diese Kenntnisse wichtig. Das Archäologie-Team, mit dem ich gereist bin, kam aus unterschiedlichen Regionen von Spanien, federführend war die Autonome Universität Barcelona. Das Ziel der Expedition war herauszufinden, wer den Edelstein-Bergbau in der östlichen Wüste Ägyptens betrieben hat, in welchem Zeitraum und wie dieser genau abgelaufen ist. Das hatte bisher niemand wirklich gründlich untersucht, nur wenige Leute trauten sich, tiefer in die antiken Stollen zu klettern.

A. Gilg / TUM
Das Smaragdabbaugebiet Mons Smaragdus im Wādī-el-Gimāl-Ḥamāṭa-Nationalpark in Ägypten.

Wie kann man sich eine solche Expedition vorstellen?

Wir waren in einem Camp untergebracht, das aus sechs Zelten bestand, einem Essenszelt, einem Arbeitszelt, einem Zelt zum Kochen und drei Schlafzelten. Wir hatten neben den Ausgrabungshelfern und Köchen auch Vertreter der lokalen Polizei für die Sicherheit und zwei Personen der ägyptischen Antikenbehörde dabei, welche die Ausgrabungen, Funde und auch Restaurierungsarbeiten überwacht haben.
Ich war 14 Tage im Gelände unterwegs und habe dort vor allem geologisch kartiert. Das heißt, ich bin jeden Tag vom Camp aus etwa 12 Kilometer gelaufen und habe mir erst einmal alle Abbaugebiete und die umgebenden Gesteine angeschaut. Dabei habe ich auch neue Bergbaue gefunden. Wir sind zu den Untersuchungen auch in die Stollen gegangen.

Wie sieht so ein Stollen aus?

Die Begehung der Stollen ist nicht ungefährlich. Wir mussten teilweise rückwärts reingehen und den Helm abnehmen, weil es so eng war. In den Stollen ist es außerdem unglaublich heiß. Draußen steigen die Temperaturen im Januar nachmittags zwar auf etwa 25 Grad Celsius im Schatten, es kühlt aber in der Nacht dann wieder auf unter fünf Grad ab. Doch im Stollen herrscht die durchschnittliche Jahrestemperatur der Wüste von fast 40 Grad, weil dort kaum Luftzirkulation stattfindet. Und da liegt auch sehr viel Fledermauskot, man braucht daher eine richtig gute Maske mit Ventil. Ich war dafür nicht optimal ausgerüstet, eigentlich benötigt man auch eine Skibrille, damit der Staub nicht in die Augen kommt.

Wer hat diese Stollen gebaut?

Nach der römischen Besetzung zuerst das Militär. Das kann man an den untertägig gefundenen Inschriften und der Art des Ausbaus der bis zu 40 m tiefen Bergwerke mit Pfeilern, teilweisen Verfüllungen der abgebauten Bereiche mit Abraum und sorgfältig ausgebauten Schächten erkennen. Es waren also Profis, die das gebaut haben und keine Sklaven. Die erste Phase des Bergbaus fand im ersten Teil des ersten nachchristlichen Jahrhunderts bis etwa Mitte zweites Jahrhundert statt. Ab etwa 300 nach Christus wurde der Bergbau wohl langsam durch die lokalen Nomadenstämme, die Blemmyer, übernommen. Sie haben auch größere Siedlungen angelegt, aber der untertägige Abbau wurde etwas chaotischer.
Die Stollen wurden Anfang des 19. Jahrhunderts von dem Mineralogen und Abenteurer Frédéric Cailliaud wiederentdeckt, als Ägypten noch zum Osmanischen Reich gehörte. Und man hat sofort wieder angefangen, die Edelsteine zu gewinnen. Der Ertrag war allerdings bescheiden und die Versuche wurden bald eingestellt. Um 1899 hat der englische Juwelier Edwin Streeter in einer großen Expedition mit 130 Kamelen nochmals versucht, dort Smaragde und Gold abzubauen, aber auch er scheiterte an der geringen Ausbeute, schlechten Qualität und den hohen Gewinnungskosten der Smaragde.

 Die antiken Stollen sind heiß, staubig und oft nicht so geräumig wie hier im Bild zu sehen. A. Gilg / TUM
Die antiken Stollen sind heiß, staubig und oft nicht so geräumig wie hier im Bild zu sehen.

Was konnten Sie vor Ort über die Bergwerke herausfinden?

Bisher war das Gelände noch nicht genau kartiert worden. Die spanischen Kollegen haben mit GPS exakt bestimmt, wo diese Minen sind. Es wird alles im geografischen Informationssystem festgehalten. Ich liefere zu dieser archäologischen Befundaufnahme die geologischen Strukturen, also warum wo die Minen zu finden sind. Ich bin viel abgelaufen und habe versucht, die geologischen Grenzen der Gesteinsserien, vor allem der smaragdführenden festzulegen. Das ist für mich als Geologe klassische Feldarbeit. Deshalb ist es auch immer noch ein Traumberuf, weil man im Gelände unterwegs ist, aber auch im Labor arbeitet.

Sind in den Stollen noch Smaragde zu finden?

Es gab auf jeden Fall mehr kleine obertägige Abbaue als große Untertage-Minen. Die tiefen Minen haben sich aber anscheinend gelohnt. Die Stollen waren sehr eng, also man ist wirklich nur den smaragdführenden Lagen nachgegangen. Auch war man sehr effizient, da kaum noch Smaragde untertage zu finden sind. An den Eingängen zu den untertägigen Abbauten findet man flache Plätze, die in den Hang eingearbeitet wurden. Dort wurde das Gestein aufbereitet, da wurde es zerklopft und man hat die Smaragde rausgeholt.
Dort wurde im Laufe der vielen Jahrhunderte bereits fast alles abgesammelt. An den meisten Stellen findet man eigentlich nur noch kleine Splitter und oft nur Steine von schlechter Qualität.

Welche Edelsteine sind ihre Favoriten?

Mich fasziniert der rote Granat. Das ist ein Stein, der eigentlich heute nicht mehr wirklich geschätzt wird, aber für die geographische Herkunftsbestimmung besonders gut geeignet ist, da er eine unglaubliche mineralogische Diversität besitzt. Er war allerdings in der Antike wertvoller als Rubin heute. Rot war ja für den Menschen immer eine bedeutende Farbe, weil sie Feuer und Blut symbolisiert. Rot war auch die erste Farbe, die in der Höhlenmalerei genutzt wurde. Ich beschäftige mich auch sehr gerne mit Tonen. Tone sind farblich und auch sonst meistens eher unansehnlich, aber es gibt auch welche, die wirklich schön grün sind, fast wie ein Smaragd.

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