Karriere in Singapur: Stefan Klade im Porträt
Von der Sterneküche ins Lebensmittellabor
Mit seiner Leidenschaft für Kulinarik ist Stefan Klade in seiner Wahlheimat Singapur nicht allein: „Auswärts zu essen gehört hier zum Alltag“, sagt der gebürtige Nürnberger. „In Singapur gibt es eine unglaubliche Vielfalt – von kleinen Essensständen in den Gemeinschaftshöfen der Wohnblöcke bis hin zu gehobenen Restaurants. Deshalb drehen sich auch im Büro viele Gespräche darum, wo man zuletzt gut gegessen hat und was man als nächstes ausprobiert.“
Stefan Klades Arbeitsplatz liegt mitten in einem der lebendigen Univiertel der Metropole Singapur. Etwa 40 Wissenschaftler:innen arbeiten bei TUMCREATE. Hier führt die TUM gemeinsam mit Partneruniversitäten, Unternehmen und Behörden verschiedene Forschungsprojekte durch, darunter auch Proteins4Singapore, die Herzensangelegenheit von Stefan Klade. Forschende aus den Bereichen Ernährungswissenschaft, Verfahrenstechnik, Lebensmittelchemie und Agrarwissenschaften entwickeln hier proteinreiche Produkte, die gut schmecken, gesund sind und sich möglichst nachhaltig in einer Megacity wie Singapur herstellen lassen. Denn der Stadtstaat ist aufgrund des begrenzten Platzes fast vollständig auf Importe angewiesen. Bis 2030, so das Ziel der Regierung Singapurs, soll ein Drittel der hier verzehrten Lebensmittel auch vor Ort erzeugt werden.
Pflanzen im Schrank
„Bei Proteins4Singapore geht es uns darum, die technologischen Möglichkeiten zu erweitern und die Herstellung von Lebensmitteln im städtischen Umfeld neu zu denken. Dabei kann sogar ein rundum neues Proteinprodukt entstehen“, sagt Klade. „Wir wollen zeigen, was auch ohne großflächige Landwirtschaft technisch machbar ist.“ Das fängt beim Anbau der Ausgangsstoffe an: In hohen platzsparenden Pflanzschränken – sogenannten Vertical-Farming-Systemen – sollen Sojapflanzen und Mikroalgen gemeinsam wachsen und sich Ressourcen wie Licht und Wasser teilen. Das Team sucht auch bei den Produktionsprozessen – extrahieren, konzentrieren, fermentieren – nach neuen Lösungen. „Wir gehen in dem Projekt sogar so weit, die Produktionshardware selbst zu entwickeln“, sagt Klade. Gemeint ist ein 3D-Drucker für Haushalte, mit dem sich das Lebensmittel vor Ort herstellen lässt. Am Ende soll ein Produkt entstehen, das wie Hühnchen schmeckt und sogar in der Textur an gebratene Hühnerbrust erinnert, wenn möglich knusprige Haut inklusive. Es wird auch auf gesundheitsförderliche Eigenschaften hin optimiert sein.
Wir wollen zeigen, was auch ohne großflächige Landwirtschaft technisch machbar ist.
Die Fäden laufen alle bei Stefan Klade zusammen. Als Director Research and Innovation von TUMCREATE steuert er Projektabläufe, vernetzt sich mit Partnerinstitutionen und ist Ansprechpartner für die Forschenden. Dass ihm so eine Arbeit Spaß machen könnte, hat er während seiner Zeit als Koch in einem Münchner Sternerestaurant festgestellt. „Meine handwerklichen Fähigkeiten waren für diese Art der Küche nicht herausragend genug, das können andere besser und schneller“, sagt Klade im Rückblick. „Meine Stärken sind das ‚Mit-dem-Kopf-arbeiten‘, das Planen, Managen und Organisieren.“
2006 entscheidet sich der gelernte Koch für ein Studium der Lebensmittelchemie an der TUM, promoviert zu Bitterstoffen in Röstkaffee und arbeitet anschließend als Projektmanager am Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und Molekulare Sensorik. 2020 wechselt er ins Wissenschaftsmanagement, zur zentralen Koordinationsstelle der TUM für Forschungsförderung und Technologietransfer (TUM ForTe). An der Schnittstelle von Wissenschaft und Verwaltung baut er das Projekt Proteins4Singapore mit auf und koordiniert es seitdem. Ein halbes Jahr lang verbringt Klade abwechselnd jeweils vier Wochen in Bayern und in Südostasien: „Ich hatte das Gefühl, die Bälle in Freising in die Luft zu werfen und sie in Singapur wieder aufzufangen.“
Gleichzeitig absolviert er den berufsbegleitenden Zertifikatskurs „Science Manager“ beim TUM Institute for LifeLong Learning. „Dadurch kann ich mich in die verschiedenen Beteiligten gut hineinversetzen“, sagt er. „Ich kann die Bedürfnisse der Forschenden nachvollziehen und weiß gleichzeitig auch, welche strategischen und verwaltungstechnischen Anforderungen so ein internationales Forschungsprojekt mit sich bringt.“
Zwischen Freising und Singapur
Seit Beginn des Jahres lebt und arbeitet der 41-Jährige fulltime in Singapur. „Mir macht es große Freude, das internationale und junge Team von TUMCREATE zu unterstützen. Meine Arbeit wird mir nie langweilig“, sagt er. Besonders schätzt Stefan Klade die räumliche Nähe zu anderen namhaften Unis: „Wir sind hier quasi Tür an Tür mit MIT, Cambridge und der ETH Zürich; die Nanyang Technological University ist nur wenige Autominuten entfernt. Mit solchen Partnerunis und dem Wissenschafts- und Lehrsystem der TUM im Rücken macht die Arbeit richtig Spaß.“
Seine Erfahrungen in der Sternegastronomie möchte Klade auch in seinem jetzigen Job nicht missen: „Daraus ziehe ich meine Belastbarkeit, meinen Anwendungsbezug und einen Sinn für die Sichtweise der Kundinnen und Kunden“. Und natürlich begleitet ihn weiterhin die Begeisterung fürs Essen: „Am Ende soll das, was wir im Projekt Proteins4Singapore produzieren, den Menschen hier einfach gut schmecken.“
Das Angebot CareerDesign@TUM des TUM Institute for LifeLong Learning unterstützt Wissenschaftler:innen dabei, alternative Karrierewege zur Professur zu finden und zu gehen. Es bietet fünf Qualifizierungspfade:
• TUM Learning Professional (seit 2022)
• TUM Researcher (ab Herbst 2023)
• TUM Science Manager (seit 2021)
• TUM Technical Expert (voraussichtlich ab 2024)
• TUM Entrepreneurship Advisor (seit 2022)
Jedes Programm umfasst circa 300 Stunden (Kursprogramm, Karrierecoaching, Peer Mentoring, Hospitation, Transferprojekt) und wird in 12+ Monaten durchlaufen. Die Teilnahme ist freiwillig und erfordert eine Bewerbung.
Technische Universität München
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Kontakte zum Artikel:
Dr. Stefan Klade
TUMCREATE
Director Research & Innovation
Coordination Proteins4Singapore
Tel. +65 8740 0214
stefan.klade @tum-create.edu.sg